OLG Celle und BGH exekutieren die Menschenwürde

Aber es geht ja nur um einen Rechtsanwalt. Allerdings um einen Anwalt, der am Tag eines Ablaufs einer schon verlängerten Frist mit Verdacht auf Herzinfarkt in ein Krankenhaus eingeliefert werden musste. Er hatte noch angeordnet, dass man bei Gericht um eine Verlängerung der Frist nachsucht. Das geschah auch.

Die ZPO regelt solche Fälle sogar in § 520 Abs. 2 ZPO:

Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

Ist doch eigentlich klar- oder? Ohne Einwilligung wird bei erheblichen Gründen verlängert. Und gibt es einen erheblicheren Grund als einen (Verdacht auf) Herzinfarkt? Für das OLG Celle und den BGH ja. Erhebliche Gründe können danach – obwohl das so nicht im Gesetz steht – nur dann berücksichtigt werden, wenn man zuvor versucht hat, die Einwilligung des Gegners einzuholen. Ist ja auch praktisch für die Richter, dann hat man selbst den Aufwand gespart zu prüfen, ob etwas erheblich ist oder nicht. So steht es zwar nicht im Gesetz, aber so ist es leider laufende BGH Praxis.

Wenn man dann als Anwalt erlebt, welche Kinkerlitzchen Gerichte dazu bewegen können, Termine aufzuheben (Fristen haben die so gut wie keine), dann ist einfach nur widerlich, wie manche Gerichte mit der Menschenwürde von Rechtsanwälten umgehen.

Nachtrag vom 9.1.2014:

In einer heute vom BGH im Internet veröffentlichten Entscheidung hat der 2. Senat des BGH (die oben genannte Entscheidung stammt vom 5. Senat) mehr Verständnis für einen erkrankten Anwalt gezeigt. Und in dem neuen Fall, war die Erkrankung nicht einmal wie oben lebensbedrohlich: „Er musste sich mehrfach übergeben und litt unter einem Schwindelgefühl, so dass er sich nicht in der Lage sah, in sein Büro zu fahren. Es liegen keine Umstände vor, die die kurzfristige Einschaltung eines Vertreters möglich oder zumutbar erscheinen lassen.“

Da kommt Hoffnung auf, dass es vielleicht in solchen Fragen doch einmal eine Art Waffengleichheit zwischen Anwälten und Richtern gibt. Der Bundesgerichtshof hat in diesem Fall anders als das OLG Dresden zuvor eine Wiedereinsetzung gewährt.