Öffentlicher Bauauftrag im Sinne der Richtlinie 93/37/EWG bzw. 97/52/EG

Ein Auftrag, bei welchem ein öffentlicher Auftraggeber einem anderen öffentlichen Auftraggeber die Errichtung eines Bauwerks überträgt, stellt einen öffentlichen Bauauftrag im Sinne von Artikel 1 Buchstabe a) der Richtlinie 93/37/EWG in der durch die Richtlinie 97/52/EG geänderten Fassung dar.

Europäischer Gerichtshof
Urteil vom 18. Januar 2007
Az.: C-220/05

 

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Bieterschützende Wirkung aus § 25 Nr. 2 VOL/A?

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.09.2006 – Verg 49/06

1. Das Vergaberecht schreibt dem Bieter nicht vor, bestimmte Kosten in seiner Kalkulation zu berücksichtigen, mit anderen Worten wie er zu kalkulieren hat.

2. Die Pflicht des öffentlichen Auftraggebers, ein auf erste Sicht ungewöhnlich / unangemessen niedrig erscheinendes Angebot zu überprüfen, entfaltet eine bieterschützende Wirkung nur zugunsten desjenigen Bieters, dessen Angebot wegen Unauskömmlichkeit des Preises von einem Ausschluss bedroht ist.

3. § 25 Nr. 2 VOL/A hat grundsätzlich keine dem Schutz des Mitbewerbers gegen den Billigbewerber dienende Wirkung.

4. Eine Vorlage nach § 124 Abs. 2 GWB an den Bundesgerichtshof ist mit dem Eilcharakter der im Verfahren über den Antrag nach § 118 Abs. 1 S. 3 GWB zu treffenden Entscheidung nicht zu vereinbaren.

 

Volltext: 

 

Oberlandesgericht Düsseldorf

Beschluss vom 28.09.2006

Az.: Verg 49/06

GWB § 97 Abs. 5, § 97 Abs. 7, § 124 Abs. 2; VOL/A § 25 Nr. 2 Abs. 2, § 25 Nr. 2 Abs. 3
1. Das Vergaberecht schreibt dem Bieter nicht vor, bestimmte Kosten in seiner Kalkulation zu berücksichtigen, mit anderen Worten wie er zu kalkulieren hat.
2. Die Pflicht des öffentlichen Auftraggebers, ein auf erste Sicht ungewöhnlich/unangemessen niedrig erscheinendes Angebot zu überprüfen, entfaltet eine bieterschützende Wirkung nur zugunsten desjenigen Bieters, dessen Angebot wegen Unauskömmlichkeit des Preises von einem Ausschluss bedroht ist.
3. § 25 Nr. 2 VOL/A hat grundsätzlich keine dem Schutz des Mitbewerbers gegen den Billigbewerber dienende Wirkung.
4. Eine Vorlage nach § 124 Abs. 2 GWB an den Bundesgerichtshof ist mit dem Eilcharakter der im Verfahren über den Antrag nach § 118 Abs. 1 S. 3 GWB zu treffenden Entscheidung nicht zu vereinbaren.
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.09.2006 – Verg 49/06

In dem Vergabenachprüfungsverfahren

pp.

hat der Vergabesenat des Oberlandesgericht Düsseldorf durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht D., die Richterin am Oberlandesgericht D.-B. und die Richterin am Oberlandesgericht F.

am 28. September 2006 beschlossen:

Der Antrag des Antragstellers, die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde zu verlängern, wird abgelehnt.

Die Kostenentscheidung bleibt der Hauptsacheentscheidung vorbehalten.

Dem Antragsteller wird aufgegeben, bis zum 1. November 2006 mitzuteilen, ob und mit welchen Anträgen das Rechtsmittel aufrechterhalten bleibt.

Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, eine Zuschlagserteilung gegebenenfalls durch geeignete Unterlagen nachzuweisen.

Gründe:

I.
Die Antragsgegnerin führte eine öffentliche Ausschreibung zur Berufsausbildung in einer außerbetrieblichen Einrichtung, BAE- integratives Modell nach § 241 (2) SGB III, Vergabenummer 153-06-300062, im Bezirk des R. E. B. durch. In diesem Verfahren sollte der Antragsteller den Zuschlag auf sein Angebot zum Los 214 erhalten. Der Antragsteller hatte jedoch – wie die übrigen Bieter auch – den vorgeschriebenen Maßnahmeort N. nicht eingehalten. Die Vergabestelle hob die Ausschreibung deshalb nach § 26 Nr. 1 lit. a) VOL/A auf und leitete sodann ein freihändiges Vergabeverfahren ein. Sie forderte die vier Bieter, die sich am offenen Verfahren mit Angeboten beteiligt hatten, zur erneuten Angebotsabgabe auf. Der Antragsteller und der Beigeladene gaben innerhalb der Angebotsfrist jeweils Angebote ab. Das Los umfasst 31 Teilnehmerplätze. Als Maßnahmebeginn war der 4. September 2006 vorgesehen. Das Angebot des Antragstellers entsprach in preislicher Hinsicht dem zuvor eingereichten Angebot. Der Beigeladene kalkulierte seinen Angebotspreis neu. Nach der Angebotswertung teilte die Vergabestelle dem Antragsteller mit, dass das Angebot des Beigeladenen den Zuschlag erhalten solle, weil das Angebot des Antragstellers nicht das wirtschaftlichste sei.

Mit Schreiben vom 28. Juli 2006 und 1. August 2006 rügte der Antragsteller die Entscheidung der Vergabestelle als fehlerhaft. Insbesondere wandte er ein, der Beigeladene habe im Vergleich zu seinem im offenen Verfahren unterbreiteten, wesentlich teureren Angebot nunmehr ein nicht auskömmliches Angebot abgegeben. Die Vergabestelle wies die Rügen zurück.

Mit seinem Nachprüfungsantrag begehrte der Antragsteller im wesentlichen die Untersagung der Erteilung des Zuschlags auf das Angebot des Beigeladenen und die Erteilung des Zuschlags auf sein Angebot. Die Vergabekammer wies den Nachprüfungsantrag als unbegründet zurück.

Mit seiner sofortigen Beschwerde verfolgt der Antragsteller sein ursprüngliches Begehren weiter. Er macht geltend: Der vom Beigeladenen unterbreitete Angebotspreise sei unauskömmlich. Die Durchführung der streitgegenständlichen Maßnahme sei gefährdet. Eine Überprüfung der Auskömmlichkeit sei dann erforderlich, wenn eine Abweichung im Angebotspreis des Mindestbietenden von mehr als 10% vom nächsthöheren Bieter vorliege, wobei auch die eigene Kostenschätzung des Auftraggebers in die Betrachtung eingestellt werden müsse. Der Beigeladene habe zwar erklärt, das niedrige Preisniveau seines Angebots sei darauf zurückzuführen, dass er eine neu erworbene Immobilie nutzen könne. Bei einem Immobilienkauf seien aber Zins- und Tilgungsleistungen in der Kalkulation zu berücksichtigen. Zudem habe der Beigeladene in der mündlichen Verhandlung erklärt, seine Mitarbeiter würden ein Gehalt von deutlich mehr als 1.600 € erhalten. Ferner seien die Fahrtkosten für die Teilnehmer zu den Schulungsorten in der Kalkulation zu berücksichtigen. Eine schriftliche Überprüfung durch die Vergabestelle sei unterblieben, obgleich das vom Beigeladenen ursprünglich abgegebene Angebot deutlich teurer gewesen sei als das nun vorliegende Angebot.

Der Antragsteller beantragt,

die aufschiebende Wirkung seiner sofortigen Beschwerde zu verlängern.

Die Antragsgegnerin und die Beigeladenen beantragen,

den Antrag, die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde zu verlängern, zurückzuweisen.

Sie machen geltend: Ein unauskömmliches Preisangebot des Beigeladenen liege nicht vor. Der Beigeladene habe bei der Kalkulation keine Kosten für die Anmietung von Räumlichkeiten kalkulieren müssen, weil er die zu Ausbildungszwecken anzumietende Immobilie käuflich erworben habe. Die streitgegenständliche Maßnahme müsse spätestens am 15. Oktober 2006 beginnen.

Wegen des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen, die Vergabeakten und die Vergabekammerakten verwiesen.

II.
Der Antrag, die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde des Antragstellers zu verlängern, ist abzulehnen, denn das zulässige Rechtsmittel hat keine Aussicht auf Erfolg. Der Nachprüfungsantrag ist voraussichtlich unbegründet.

1. Das Angebot des Beigeladenen ist nicht schon in der ersten Wertungsphase von der Wertung auszunehmen. Gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. a) VOL/A sind solche Angebote von der Wertung auszuschliessen, die wesentliche Preisangaben nach § 21 Abs. 1 Satz 1 VOL/A nicht vollständig und zutreffend enthalten. Es handelt sich um einen zwingenden Ausschlussgrund (vgl. BGH VergabeR 2004, 473, 476 ff.)
Das Erfordernis, jeden in der Leistungsbeschreibung vorgesehenen Preis, so wie gefordert, vollständig mit dem Betrag anzugeben, der für die betreffende Leistung verlangt wird, soll die Vergleichbarkeit der Angebote auf transparenter und alle Bieter gleich behandelnder Grundlage sicherstellen. Fehlen Preisangaben oder sind gemachte Preisangaben unzutreffend, hat der öffentliche Auftraggeber kein Recht zu einer wie auch immer gearteten großzügigen Handhabe, sondern ist gezwungen, das betreffende Angebot von der Wertung auszunehmen. Im Streitfall ist die Vergabestelle nicht verpflichtet, das Angebot des Beigeladenen von der Wertung auszunehmen.

Die Preisangabe des Beigeladenen im Preisblatt ist zutreffend. Es handelt sich hierbei um den tatsächlich anfallenden und vom Beigeladenen beanspruchten Preis. Aus der am 22. August 2008 der Vergabekammer vorgelegten Kalkulation ergibt sich, dass der Beigeladene für die Nutzung der Räume Kosten nicht angesetzt hat, weil Zins- und Tilgungsleistungen für den Erwerb der Räumlichkeiten nicht entstehen. Der Beigeladene hat angegeben, die von ihm genutzte Immobilie ohne Einsatz von Fremdmitteln erworben zu haben. Für die Nutzung beansprucht er deshalb kein Entgelt. Es ist Sache des Bieters zu entscheiden, welche Kostenpositionen in welcher Höhe er in seine Kalkulation einstellt. Das Vergaberecht schreibt dem Bieter nicht vor, bestimmte Kosten in seiner Kalkulation zu berücksichtigen, m.a.W. wie er zu kalkulieren hat.

Auch im Übrigen ist der vom Beigeladenen angegebene Preis zutreffend und vollständig. Er entspricht der offengelegten Kalkulation.

2. Der Antragsteller kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, die Vergabestelle habe ihre Pflicht, die Auskömmlichkeit des Angebots der Beigeladenen zu überprüfen verletzt. § 25 Nr. 2 Abs. 2 VOL/A sieht vor, dass der Auftraggeber die Einzelposten des Angebotes überprüft, wenn es im Verhältnis zu der zu erbringenden Leistung ungewöhnlich niedrig erscheint. Die Pflicht des öffentlichen Auftraggebers, ein auf erste Sicht ungewöhnlich/unangemessen niedrig erscheinendes Angebot zu überprüfen, hat zwar bieterschützenden Charakter. § 25 Nr. 2 Abs. 2 VOL/A entfaltet diese Wirkung aber nicht zugunsten des Antragstellers, sondern nur zugunsten desjenigen Bieters, dessen Angebot wegen Unauskömmlichkeit des Preises von einem Ausschluss bedroht ist. Unterlässt der Auftraggeber eine Prüfung, kann (nur) der vom Ausschluss seines Angebots betroffene Bieter im Nachprüfungsverfahren erzwingen, dass das Vergabeverfahren in den Stand zurückversetzt wird, in dem der Auftraggeber diese Prüfung nachholen kann. Aufgrund der Beschwerde des Antragstellers kann die Auskömmlichkeit der Kalkulation des Beigeladenen dagegen nicht zum Gegenstand einer Überprüfung werden.

Nach Lage der Dinge hat auch die Berufung des Antragstellers auf § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A keinen Erfolg. Dieser Norm misst der Senat grundsätzlich keine dem Schutz des Mitbewerbers gegen den Billigbewerber dienende Wirkung zu (vgl. Beschl. v. 19.12.2000, VergabeR 2001, 128 f.; Beschluss v. 17.6.2002, BZBau 2002, 627 f.). Die Vorschrift dient in erster Linie dem Schutz des öffentlichen Auftraggebers (vgl. auch BayObLG, Beschl. v. 12.9.2000, VergabeR 2001, 65, 69). Dieser soll vor den Gefahren geschützt werden, die daraus erwachsen, dass der Preis und die zu erbringende Leistung nicht in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen, nämlich vor der Gefahr, dass die Leistung vom Bieter nicht ordnungsgemäß erbracht werden kann. Der Auftraggeber ist grundsätzlich aber nicht daran gehindert, einem niedrigen, nicht kostendeckenden Angebot den Zuschlag zu erteilen, denn es ist nicht seine Sache dafür zu sorgen, dass der Auftragnehmer auskömmliche, das heißt in jeder Hinsicht kostendeckende Aufträge erhält. Ausnahmsweise billigt der Senat der Vorschrift nur dann bieterschützende Wirkung zu, wenn es für den Auftraggeber aus seiner Verpflichtung gemäß § 2 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A heraus, wettbewerbsbeschränkende und unlautere Verhaltensweisen zu beschränken, geboten ist, das Angebot auszuschließen. Dazu hat der Senat Fälle von Angeboten unter Einstandspreisen gezählt, die in der zielgerichteten Absicht abgegeben werden oder die zumindest die Gefahr begründen, dass bestimmte Wettbewerber vom Markt – nicht aus dem konkreten Vergabeverfahren – verdrängt werden. Ferner gehören dazu solche Unterkostenangebote, bei deren Ausführung der Bieter voraussichtlich in solch große wirtschaftliche Schwierigkeiten gerät, dass er die Auftragsdurchführung abbrechen muss, und andere Bieter – z.B. infolge anderweiter Dispositionen – nicht mehr in der Lage sind den Auftrag weiter auszuführen.

Eine Absicht des Beigeladenen, den Antragsteller mittels (nicht feststellbarer) Unter-Kostenpreise gezielt vom einschlägigen Markt fernzuhalten, ist nicht festzustellen. Die objektive Gefahr einer Verdrängung hat der Antragsteller – persönlich gehört – in der mündlichen Verhandlung vor der Vergabekammer verneint. Der Antragsteller trägt ferner nicht vor, der Beigeladene sei wegen einer Unterkostenkalkulation voraussichtlich gezwungen, die Auftragsdurchführung abzubrechen, und er selbst oder andere Unternehmen würden nicht in der Lage sein, in die Auftragsausführung einzutreten. Dies ist nach den stichhaltigen Feststellungen der Vergabekammer zur Kostendeckung der Kalkulation des Angebotspreises des Beigeladenen weder wahrscheinlich noch anzunehmen.

Der Fall, dass ein Zuschlag auf das Angebot des Beigeladenen nicht ergehen darf, ist deswegen nicht gegeben.

Deshalb liegen auch schon die tatbestandlichen Voraussetzungen von § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A nicht vor.

Allerdings bejahten einige Oberlandesgerichte (vgl. OLG Celle, Beschl. v. 30.4.1999, NZBau 2000, 105; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 29.10.2003, NZBau 2004, 117,118 und Thüringer OLG, Beschl. v. 22.12.1999, NZBau 2000, 349, 352) uneingeschränkt einen bieterschützenden Charakter von § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A (und/oder der entsprechenden Vorschrift in § 25 Nr. 3 Abs. 1 VOB/A). Inzwischen haben das OLG Celle (VergabeR 2004, 397, 405), das BayObLG (VergabeR 2004, 743, 745) und das OLG Koblenz (VergabeR 2006, 392, 401 f.) – mit allenfalls geringen Abweichungen – jedoch genauso entschieden wie der Senat, was auf eine Durchsetzung seiner zwischen den entgegengesetzten Ansichten (bieterschützende Wirkung der Normen oder deren Verneinung) vermittelnden Auffassung hindeutet. Eine Divergenzvorlage an den Bundesgerichtshof ist deshalb nicht geboten (vgl. § 124 Abs. 2 GWB). Sie scheidet auch schon deswegen aus, weil die tatbestandlichen Voraussetzungen von § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A nicht gegeben sind, die Rechtsfrage infolgedessen nicht entscheidungserheblich ist und eine Vorlage mit dem Eilcharakter der – wie hier – im Verfahren über den Antrag nach § 118 Abs. 1 S. 3 GWB zu treffenden Entscheidung nicht zu vereinbaren ist (vgl. auch Jaeger in Byok/Jaeger, § 124 GWB Rn. 1246).

Eine Person des privaten Rechts kann mittelbare Stellvertreterin der öffentlichen Hand sein

Entscheidung im Volltext

BUNDESKARTELLAMT

2.Vergabekammer des Bundes

VK 2-114/05

Beschluss

 

GWB § 98
Eine Person des privaten Rechts, die einen Beschaffungsvorgang ausschreibt, kann mittelbare Stellvertreterin der öffentlichen Hand sein, wenn der Zweck der Beschaffung im öffentlichen Interesse liegt und die Person für Rechnung des Staates handelt. Die Beschaffung ist dem Staat als öffentlichem Auftraggeber gemäß § 98 Nr. 1 GWB zuzurechnen. Die Normen des vierten Teils des GWB sind einzuhalten.
VK Bund, Beschluss vom 08.06.2006 – VK 2-114/05

In dem Nachprüfungsverfahren

….

wegen der Vergabe "Lieferung je eines Tiefsee- und Mittelwasser-Fächerecholots für das Forschungsschiff METEOR" hat die 2. Vergabekammer des Bundes durch den Vorsitzenden Direktor beim Bundeskartellamt Burchardi, die hauptamtliche Beisitzerin Regierungsdirektorin Brauer und den ehrenamtlichen Beisitzer Stockhorst auf die mündliche Verhandlung vom 23. Mai 2006 am 8. Juni 2006 beschlossen:

1. Es wird festgestellt, dass die Antragstellerin in dem Vergabeverfahren "Lieferung je eines Tiefsee- und Mittelwasser-Fächerecholots für das Forschungsschiff METEOR" in ihren Rechten verletzt wurde.

2. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens sowie die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Antragsstellerin.

3. Die Hinzuziehung eines Rechtsbeistandes durch die Antragsstellerin war notwendig.

Gründe

I.

Die Antragsgegnerin (Ag) schrieb im Rahmen eines nichtoffenen Verfahrens Ende 2004 europaweit die Lieferung je eines Tiefsee- und Mittelwasser-Fächerecholots für das Forschungsschiff METEOR aus. Die Ag erteilt nach den "Zusätzlichen Vertragsbedingungen" (Anlage 1 zum Vertrag Fächerecholot FS METEOR) Ziffer 3.2 den Auftrag "im Namen und für Rechnung der R GmbH". Im Ausschreibungstext wurde als zuständige Nachprüfungseinrichtung die Vergabekammer Bremen benannt.

Die Ag ist eine 100 % ige Tochter der L GmbH & Co. KG, …. Deren Gesellschaftsanteile werden von Privatpersonen gehalten. Die Ag ist im Reedereigeschäft sowohl als Charterbetrieb (mit den eigenen Schiffen "…" und "…") als auch als Dienstleister für fremde Schiffsinhaber (z.B. Forschungsschiffe "…" und "METEOR") tätig.

Das Forschungsschiff METEOR steht im Eigentum der Bundesrepublik Deutschland. Die Mittel für die Anschaffung des Echolots werden nach Angaben der Ag durch diese bereitgestellt. Die Leitung des Schiffsbetriebs obliegt der Leitstelle FS METEOR im Institut für Meereskunde der Universität H. Nach § 4 Nr. 1 des zugrundeliegenden Bereederungsvertrages (aus dem Jahr 1986) mit der Universität H obliegen dem Vertragsreeder neben der Durchführung des Schiffsbetriebs die Gewährleistung der Ausrüstung und alle nautischen und technischen Aufgaben, die für die Betriebsbereitschaft des Schiffes im weltweiten Einsatz nötig sind, einschließlich der nautischen und technischen Inspektion und der damit verbundenen organisatorischen und administrativen Aufgaben, insbesondere (lit c) die Planung, Veranlassung und Kontrolle von Reparaturen, Instandhaltung und Ausrüstung des Schiffes zum Zweck der ständigen Bereitschaft und Seefähigkeit. Ferner umfasst dieser Auftrag nach § 4 Nr. 1 die Unterstützung des Forschungsbetriebes auf dem Schiff gem. § 7 Ziffer 1. Danach zählen zu den Aufgaben der Besatzung u.a. die Gerätebetreuung und Durchführung von kleineren Reparaturen der Geräte der wissenschaftlichen Arbeitsgruppen, der Einsatz von Mess- und anderen Geräten und die Hilfestellung bei For- schungsarbeiten an Bord. Nach § 4 Ziffer 5.2 der Vertrages hat der Reeder in Abstimmung mit dem Auftraggeber die für den Betrieb und die Bewirtschaftung des Schiffes von der Bauwerft gelieferte Erstausrüstung dem aktuellen Bedarf anzupassen, auf ausreichendem Stand zu halten und zu ergänzen. Nach § 4 Ziffer 5.3 hat der Reeder das Schiff zu proviantieren und gem. § 4 Ziffer 5.4 das Schiff mit Betriebs- und Hilfsstoffen zu versorgen. In Anlage 4.3 des Bereederungsvertrages ("Schiffsinspektion") ist weiter ausgeführt, dass im Rahmen der zur Verfügung gestellten Geldmittel die Ag alle Maßnahmen zur Instandhaltung und Versorgung der METEOR und ihrer technischen Einrichtungen zu veranlassen und kontrollieren hat, um die Seetüchtigkeit, einen sicheren Schiffsbetrieb und die Verfügbarkeit des Schiffes sicherzustellen. Dazu gehören u.a.:

– die Planung und Kontrolle des Umfanges der Schiffsausrüstung,

– die Ausrüstung des Schiffes mit Ersatzteilen, Gebrauchs- und Verbrauchsgütern sowie Proviant und Kantinenwaren und

– die Beratung und Durchführung von baulichen Änderungen, Einbauten und Installation von Geräten für wissenschaftliche Zwecke.

Nach § 4 Nr. 2 des Bereederungsvertrages handelt der Vertragsreeder im Auftrag des Auftraggebers. Er schließt sämtliche Verträge im Rahmen der Bereederung im eigenen Namen. Die Vergabe von Leistungen an Dritte (Fremdleistungen), die 50.000 DM übersteigen, sind nach Anlagen 1 und 3 zustimmungspflichtig und nach VOL auszuschreiben. Zum Ende des Jahres 2005 wurde der Reedereivertrag mit der Ag aufgelöst.

In den Ausschreibungsunterlagen ("Leitfaden") waren als Zuschlagskriterien wissenschaftliche Kriterien (50 %) und der Preis, inkl. Einbauberatung und -begleitung, Inbetriebnahme, Schulungen und Abnahme (50 %) genannt. Die wissenschaftlichen Kriterien waren in "Muss"- und "Kann"-Kriterien gegliedert. Ein nicht vorhandenes Muss-Kriterium führte zum Ausschluss. Kann-Kriterien waren in einer Punkteskala von 1 bis 10 zu bewerten Der Bieter mit der höchsten Gesamtpunktzahl (wissenschaftliche Kriterien und Preis) sollte den Zuschlag erhalten. Beigefügt war als Anlage 3 die Wertungsmatrix für beide Fächerecholote. Einige Kriterien waren als reine "Muss"-Kriterien (ja/nein) definiert. Andere Kriterien waren "Muss"-Kriterien, wurden aber einer weiteren Bewertung im Punktesystem (1 – 10 Punkte) unterworfen. Daneben gab es Kriterien, die einer Bewertung von 1 – 10 Punkten unterzogen wurden, ohne dass sie "Muss"-Kriterien waren.

Neben der Antragstellerin (ASt) bewarben sich drei weitere Unternehmen um die Teilnahme und gaben innerhalb der Angebotsfrist ein Angebot ab.

Nach der Durchführung der Wertung lag die ASt auf dem dritten Rang. Mit Schreiben vom 27. Mai 2005 informierte die Ag die ASt, dass sie beabsichtige, der K GmbH den Zuschlag zu erteilen, da sie aufgrund der Wertungskriterien die höchste Punktzahl erhalten habe. Die ASt teilte der Ag am 30. Mai 2005 telefonisch mit, dass die Entscheidung für sie nicht nachvollziehbar sei. Mit Fax vom 6. Juni erbat sie, ihr die Bewertungen zukommen zu lassen. Dies erfolgte am 7. Juni 2005. Am 10. Juni 2005 fand ein Gespräch bei der Ag mit Vertretern der ASt statt, in dem Kritik am Vergabeverfahren geübt wurde. Die ASt erklärte, dass sie die Anrufung der Vergabekammer erwäge. Mit Fax vom 10. Juni 2005 stellte die ASt einen Nachprüfungsantrag bei der Vergabekammer Bremen, der mit Schriftsatz vom 14. Juni 2005 begründet wurde. Am 14. Juni 2005 erteilte die Ag der K GmbH mit Fax-Schreiben, das um 17.16 Uhr gesendet wurde, den Zuschlag. Die Vergabekammer Bremen stellte den Nachprüfungsantrag mit Begründung erst am 15. Juni 2006 um 11.00 Uhr zu.

Zur Begründung trägt die ASt vor, dass das Vergabeverfahren Anlass zu mehreren sachlichen Rügen gebe. Sie führt diese schriftsätzlich näher aus.

Zur Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags trägt sie im Einzelnen vor, dass die von ihr vorgebrachte Rüge den gesetzlichen Anforderungen genüge. De facto habe die ASt erst nach Zusendung der Bewertung am 7. Juni 2005 den hier angegriffenen Vergabefehler rügen können. Es habe dann mehrere Gespräche gegeben. In der Besprechung am 10. Juni 2005 habe die ASt den zuständigen Prokurist der Ag, …, spezifisch auf den Wertungsfehler hingewiesen und der Ag somit die Möglichkeit gegeben, eine fehlerfreie Angebotswertung nachzuholen. Eine mündliche Rüge genüge den gesetzlichen Anforderungen nach § 107 GWB. Eine Rüge sei aber jedenfalls entbehrlich gewesen, weil sie wegen des drohenden Ablaufs der Frist nach § 13 VgV zu einer Rechtsschutzverkürzung geführt hätte. Im Übrigen habe die Ag in der Besprechung am 10. Juni 2005 eindeutig erklärt, keine erneute und fehlerfreie Angebotswertung vornehmen zu wollen. Jedenfalls habe die ASt aber die Rüge mit dem Schriftsatz vom 14. Juni 2005 nachgeholt.

Nach Auffassung der ASt ist die Ag öffentlicher Auftraggeber nach § 98 Nr. 2 GWB. Die Ag gehöre zwar einem Privatunternehmen, der L, B. Sie erfülle indes im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nicht gewerblicher Art. Tätigkeitsbereich der Ag sei ausschließlich der Betrieb von Forschungseinrichtungen im öffentlichen Interesse und unter Finanzierung der öffentlichen Hand. Hierzu gehörten neben der FS Meteor auch das … sowie die …. Der Annahme einer nichtgewerblichen Tätigkeit stehe nicht entgegen, dass der Auftraggeber in erheblichem oder sogar überwiegendem Maße gewerbliche Zwecke verfolge und insgesamt mit Gewinnerzielungsabsicht arbeite. Die Ag werde überwiegend durch öffentliche Auftraggeber finanziert. Sowohl der streitige Auftrag selbst als auch der Betrieb der FS Meteor werde von der öffentlichen Hand finanziert und diene der universitären und damit der öffentlichen Forschung. Geldgeber seien das Bundesministerium … und die G e.V. (…). Den Mittelzuweisungen von BM und G stehe überwiegend keine Gegenleistung durch die Ag gegenüber. Nur ein geringer Teil der Zuweisungen an die Ag sei nämlich Entgelt für den Betrieb der o.g. Forschungseinrichtungen, also die Bereederung. Überwiegend gehe die öffentliche Finanzierung in den Erhalt der dem Bund gehörenden Forschungs-Infrastruktur (z.B. die Lieferung von Echoloten) und in den Forschungsbetrieb (Finanzierung von Forschungsreisen). Aus dem Auftrag zur Bereederung des FS Meteor ergebe sich, dass die von der Universität H gezahlte Vergütung auch eine Kostenerstattung enthalte. Daraus sei zu folgern, dass die mit der Bereederung verbundenen Kosten wie z.B. die Anschaffung eines Echolotsystems nur ein durchlaufender Posten für die Ag seien und letztlich von der Universität H getragen würden. Jedenfalls aber sei die Bundesrepublik Deutschland ein öffentlicher Auftraggeber im Sinne von § 98 Nr. 1 GWB. Es sei nicht hinnehmbar, dass sich die Bundesrepublik Deutschland, die den Kauf finanziere, dadurch ihrer vergaberechtlichen Bindung entledige, dass sie ein Privatunternehmen als "Strohmann" einschalte, um das Vergabeverfahren durchzuführen. Dies ergebe sich schon daraus, dass die Entscheidung über den Beschaffungsvorgang, die Festlegung der Auswahlkriterien und die Wertung und Auswahl – mithin materiell die Zuschlagsentscheidung – inhaltlich nicht von der Ag vorgenommen worden sei, sondern in der Hand der in der "Arbeitsgruppe Beschaffung" vertretenen Wissenschaftler gelegen habe. Hilfsweise komme in Betracht, das Land (L) als öffentlichen Auftraggeber i.S.v. § 98 Nr. 1 GWB anzusehen. Die Ag handele im Rahmen der Vergabe von Leistungen an Dritte "im Auftrag der" L. Sie handele dabei stellvertretend für und unter engster Aufsicht der L, denn sie müsse schon bei der Vergabe von Fremdlieferungen im Wert von 50.000 DM die schriftliche Zustimmung der L als Auftraggeber einholen. Die Vergabekammer dürfe der Ast angesichts der vorgelegten Indizien nicht de facto die Beweislast für das Vorliegen eines "öffentlichen Auftraggebers" aufbürden. Die Ag müsse begründen, weshalb sie entgegen der öffentlichen Ausschreibung nicht öffentlicher Auftraggeber sei. Im Übrigen habe sich Ag selbst als öffentliche Auftraggeberin ausgegeben und damit an das Vergaberecht gebunden. Wenn eine Selbstbindung sogar im Falle einer freiwilligen Ausschreibung gelte, dann müsse dies auch für den Fall gelten, dass ein ausschreibungspflichtiger Lieferauftrag unzweifelhaft vorliege. Die ASt habe während des Vergabeverfahrens auf die Angaben der Ag und damit auf die Zulässigkeit eines Nachprüfungsverfahrens vor der Vergabekammer vertraut. Das vorvertragliche Vertrauensverhältnis zu den Bietern müsse im Sinne der EG-Rechtsmittel-Richtlinie zu einer "wirksamen" Nachprüfung von Vergabeentscheidungen führen. Jedenfalls habe sich die Ag einer Aufklärung der Auftraggebereigenschaft bisher verweigert, so dass sie sich grob rechtsmissbräuchlich verhalte. Auch umfasse nicht schon der Bereederungsvertrag zwischen der Uni H und der Ag die Beschaffung der Echolote. Die Ag habe den Auftrag für die Bereederung ohne ordentliches Vergabeverfahren erhalten. Vor 2005 habe es keine EG-weite Ausschreibung für die Bereederung der FS METEOR gegeben. Die vorangehende (Erst-)Vergabe eines größeren Pakets von Leistungen könne der Nachprüfung einer anschließenden (Zweit-)Vergabe von Teilleistungen nur entgegenstehen, wenn die vorgeschaltete (Erst-)Vergabe dem Vergaberecht unterlag und vergaberechtskonform erfolgt sei. Der Bereederungsvertrag decke jedoch auch inhaltlich die streitige Beschaffung nicht ab. § 4 Ziffer 2 des Vertrages i.V.m. Anlage 1 (und Anlage 3), der die Vergabe von Leistungen an Dritte regele, erfasse nicht die Anschaffung von Echoloten. Anlage 1 regele (nur) den Ersatz der bei der Beschaffung entstandenen Kosten. Auch die Abstimmungspflicht mit der Universität H sei ein Beleg dafür, dass es sich hierbei um originäre Beschaffungen der Universität handele. § 4 Ziffer 1 lit. c des Vertrages erstrecke sich nur auf Planung, Veranlassung und Kontrolle von Reparaturen, Instandhaltung und Ausrüstung des Schiffes zum Zwecke der ständigen Bereitschaft und Seefähigkeit. Die Anschaffung der Fächerecholote falle nicht hierunter, weil Fächerecholote nicht der "ständigen Bereitschaft und Seefähigkeit" des Schiffes dienten. Auch die Bereitstellung einer geeigneten, einsatzfähigen Schiffsbesatzung für den laufenden Schiffsbetrieb und die Unterstützung des Forschungsbetriebs umfasse keine Beschaffungsmaßnahmen, sondern lediglich die Bereitstellung einer entsprechenden Schiffsbesatzung. Die Beschaffung sei der Universität H zurechenbar. Die Ag sei als weisungsabhängiges Ausführungsorgan tätig geworden. Die Ag könne schon deshalb kein Auftraggeber sein, weil sie nicht selbst über die Beschaffung entschieden habe, sondern sich ihre Aufgabe auf die Beratung der Wissenschaftler der Universität H über die Einbindung der Echolote in die Schiffstechnik und die Durchführung des Vergabeverfahrens beschränkt habe. Vergaben durch einen "Strohmann" seien der dahinter stehenden Körperschaft zuzurechnen. Ansonsten bestünde die Möglichkeit einer "Flucht aus dem Vergaberecht". Erforderlich wäre dazu lediglich eine Generalvergabe von Beschaffungsvorgängen bzw. Unterhaltungs- und/oder Infrastrukturleistungen, die nachgelagerte Beschaffungsvorgänge mit sich bringen.

Die Ag habe mehrere Verstöße gegen das Vergaberecht begangen. So sei sie bei der Wertung der Angebote zu Lasten der ASt von den zuvor bekannt gemachten Zuschlagskriterien abgewichen. Die "Kann"-Kriterien seien in einer Punkteskala von 1 bis 10 zu bewerten gewesen. Die Wertung sei deshalb in allen Bereichen, in denen ein "Kann"-Kriterium auf ein "Muss"-Kriterium aufsetzte, dann falsch, wenn dort lediglich 0 Punkte vergeben wurden. Jedenfalls dürfe aber im Bereich der "Kann"-Kriterien keine Bewertung mit 0 Punkten vorgenommen werden. Zum anderen habe die Ag bei "aufsetzenden" Kann-Kriterien nicht vorab bekannt gemacht, dass bei Erfüllung nur der Mindestanforderungen lediglich 0 Punkte vergeben würden. Da die ASt in der Kategorie "Tiefwasserecholot" nur 56 erreicht habe, müsse die Ag in Abweichung der bekannt gemachten Punkteskala eine solche von "0 bis 10" zugrunde gelegt haben. Ebenso sei nicht nachvollziehbar, weshalb die ASt beim Mittelwasserecholot 335 Punkte erhalten habe. Tief- und Mittelwasserecholote der ASt seien nicht im Grundsatz, sondern nur in einzelnen Modulen unterschiedlich. Dementsprechend seien die Merkmals-Beschreibungen der ASt für beide Lote sehr ähnlich. Die Ag habe eine gleichartige Performance beider Lote aber vielfach unterschiedlich bewertet. Die ASt vermutet, dass die niedrige Bewertung beim Tiefwasserecholot daraus resultiert, dass die auf Seiten der Ag beteiligten Wissenschaftlicher das System bevorzugen wollten, das sie schon kennen, nämlich das System der Firma Kongsberg.

Im Hinblick auf den deutlich niedrigeren Preis der ASt habe man die wissenschaftliche Bewertung des Tiefwasserecholots so gedrückt, dass am Ende das gewünschte Gesamtergebnis herausgekommen sei.

Zur Wertung trägt die ASt im Einzelnen vor: In Ziffer 1.10 (Beam Steuerung umschaltbar) erfüllten beide Lote das "Kann"-Kriterium, dass die Beam Steuerung zwischen equidistant und equiangle umschaltbar sei sollte. Die ASt habe keine veraltete, sondern eine ausgereifte und geprüfte Schwingertechnologie verwandt. Die Bodendetektion erfolge sowohl über die Amplitude als auch über die Phase. Beim Tiefwasserecholot habe die Ag 0 Punkte vergeben, beim Mittelwasserlot indes 9 Punkte. In Ziffer 1.14 (back scatter-Funktion) habe die ASt die Anforderungen bejaht. Sie habe beim Tiefwasserecholot 0 Punkte, beim Mittelwasserlot 10 Punkte erhalten. Im Bereich der angebotenen Software habe die ASt bei beiden Loten durchgehend nur 0 Punkte erhalten, obwohl die ASt die Anforderungen der Ag jeweils bejaht habe. Sie weist insbesondere auf die Bewertung in Ziffer 2.3 (Windows 2000) hin, die eindeutig mit 10 Punkten habe bewertet werde müssen. Bei Ziffer 1.4 (Abdeckung "Swath width") stellt die ASt dar, dass die Mindestanforderung von 120 Grad Abdeckung bei beiden Loten übererfüllt worden sei (bis zu 140 beim Tiefwasserlot und bis zu 127 beim Mittelwasserlot). Soweit eine geringere Streifenbreite als bei den Wettbewerbern vorläge, werde diese deutlich durch Vorteile der höheren Frequenz für andere Funktionalitäten innerhalb des Lot-Systems kompensiert. In Ziffer 1.5 (mindestens 120 hard beams) habe die ASt jeweils 141 hard beams angeboten. Während sie beim Tiefwasserlot 0 Punkten erhalten habe, habe sie beim Mittelwasserlot 1,2 Punkte bekommen. In Ziffer 1.7 (Interpolationsverfahren für soft beams) habe die ASt ein patentiertes neues Verfahren angeboten, das die Leistungsfähigkeit der Angebote der übrigen Bieter deutlich übersteige. Die ASt habe eine Referenzliste für beide angebotenen Anlagen beigefügt. Die Referenzliste beschreibe die kontinuierliche Weiterentwicklung innerhalb der verschiedenen Generationen von Loten der ASt unter Verwendung gleicher Systemkomponenten. Damit habe die ASt eindeutig Funktionsnachweise für die Anlagen erbracht. Gleichwohl habe sie bei beiden Loten lediglich 0 Punkte erhalten. In Ziffer 1.9 (Angabe zu Pingraten) habe sie maximal 25 Hz beim Tiefseelot und maximal 30 Hz beim Mittelwasserlot angeboten. Auch hier habe sie nur 0 Punkte erhalten. In der Ausschreibung sei nicht zwischen maximalen Pingraten im Flachwasser und – von der Wasserschallgeschwindigkeit abhängigen – Pingraten in größeren Wassertiefen unterschieden worden. Dass die Ag offenbar nunmehr an ein ganz anderes Verfahren denke – nämlich an ein Verfahren, bei dem parallel mehrere Pings (sog. Multi-Ping) in der Wassersäule realisiert werden -, sei den Ausschreibungsunterlagen nicht zu entnehmen gewesen und könne daher vorliegend auch nicht relevant sein. Bei Ziffer 1.12 (Genauigkeit der Tiefenbestimmung – IHO – S44 Standard erfüllt?) habe man nur Ja oder Nein angeben können. Sie habe zutreffend mit Ja geantwortet, aber nur 0 Punkte erhalten. Auch erfülle die ASt das Wertungskriterium 1.17 uneingeschränkt, so dass eine Bewertung mit 0 Punkten rechtswidrig sei. Bei Ziffer 2.3 (Angaben zur Speicherung von Rohdaten) sei mehr als eine vollständige Speicherung der von den Sensoren kommenden Daten technisch nicht möglich. Man könne nur Ja oder Nein angeben. Auch hier habe sie entgegen ihrer Zusicherung der Leistung nur 0 Punkte erhalten. Ferner habe die Ag der Wertung einen Preis von … Euro zugrunde gelegt. Die ASt habe jedoch einen Gesamtpreis von … Euro angeboten. Selbst bei Zugrundelegung der ergänzend angebotenen "alternativ verfügbaren Softwarepakete" und deren Einzelpreise sei nicht nachvollziehbar, wie die Ag auf den Gesamtpreis gekommen sei. Die Annahme eines höheren Preises führe schon zu einem Nachteil von 5 Punkten in der Gesamtbewertung. Die Ag gebe zu, dass sie nicht auf den tatsächlich von der ASt angebotenen Preis, sondern auf einen von ihr selbst fiktiv ermittelten Preis abgestellt habe. Schon diese Änderung des angebotenen Preises durch die Ag sei rechtswidrig.

Ferner habe die Ag rechtswidrig die Wertungsergebnisse der ASt an alle Bieter versandt. Erst nachdem bereits ein Wettbewerber die komplette Wertung erhalten habe, habe die ASt die Wertungsmatrix auch für sich selbst angefordert.

Zudem habe die Ag das § 13 VgV-Schreiben nur mit einer nichtssagenden Blankoformulierung versehen, die es unmöglich mache, die Wertung nachzuvollziehen.

Die ASt hatte mit Schriftsatz vom 14. Juni 2005 ursprünglich beantragt,

1. ein Nachprüfungsverfahren gem. § 107 GWB zur Ausschreibung der Ag, Projekt "Lieferung Tief- und Mittelwasserlot FS METEOR", einzuleiten,

2. die Zustellung des Nachprüfungsantrages der ASt vom 10.6.2005 sowie der vorliegenden Begründung dieses Nachprüfungsantrags an die Ag nach § 110 Abs. 2 sofort vorzunehmen,

3. festzustellen, dass die ASt durch das Vergabeverfahren in ihren Rechten verletzt ist

4. die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten der ASt für notwendig zu erklären und

5. der Ag die Kosten dieses Verfahrens, die Kosten für die zweckentsprechende Rechtsverfolgung gemäß § 128 Abs. 4 GWB i.V.m. § 80 VwVfG, einschließlich der vorprozessualen Rechtsanwaltskosten, aufzuerlegen.

Ferner hatte sie Akteneinsicht gem. § 111 Abs. 1 GWB beantragt.

Für den Fall, dass der Zuschlag am 14. Juni 2005 erteilt worden ist, hat die ASt hilfsweise gem. § 114 Abs. 2 S. 2 GWB Fortsetzungsfeststellungsantrag gestellt. Soweit die Kammer den Nachprüfungsantrag für unzulässig erachte, weil die Ag kein öffentlicher Auftraggeber sei oder weil der Zuschlag wirksam erteilt sei, hat sie gem. § 128 Abs. 3 S. 4, Abs. 4 S. 3 GWB beantragt, die Kosten des Verfahrens der Ag aufzuerlegen.

Sie führt dazu näher aus, dass es unter den gegebenen Umständen unbillig sei, die ASt mit den Verfahrenskosten zu belasten. Die Ag habe die ASt mehrfach getäuscht. Sie habe sich im Vergabeverfahren durchweg als öffentlicher Auftraggeber dargestellt und im Hinblick auf Rechtsmittel auf die Einreichung eines Nachprüfungsantrags bei der Vergabekammer Bremen hingewiesen. Sie habe der ASt noch am 13. Juni 2004 zugesichert, den Zuschlag nicht sofort zu erteilen, sondern zunächst die Zustellung des Nachprüfungsantrages und die Entscheidung der Vergabekammer abzuwarten. Die Verfahrenskosten wären i.S.v. § 21 GKG analog bei richtiger Behandlung der Sache durch die Ag nicht entstanden.

Die Ag beantragt,

1. den Nachprüfungsantrag der ASt als unzulässig zu verwerfen.

2. Hilfsweise, den Nachprüfungsantrag der ASt zurückzuweisen.

3. Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten der Ag für notwendig zu erklären und der ASt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Ag aufzuerlegen.

Der Nachprüfungsantrag sei offensichtlich unzulässig. Die ASt habe ihre Rügepflicht nicht erfüllt. Mit Schreiben vom 6. Juni 2005 habe die ASt eine nähere Erläuterung der Bewertung erbeten, die sie am 7. Juni erhalten habe. Am 10. Juni 2005 habe sodann ein Gespräch mit Vertretern der ASt stattgefunden. In diesem Gespräch habe die ASt allgemein Kritik an dem Vergabeverfahren geübt. Sie habe auch erklärt, dass sie die Anrufung der Vergabekammer erwäge. Es seien jedoch nicht bestimmte Verstöße beanstandet worden und damit auch nicht vor der Anrufung der Vergabekammer die Möglichkeit der Selbstkorrektur gegeben worden.

Mit Schriftsatz vom 12. Juli 2005 trägt sie erstmals vor, dass nach ihrer Auffassung eine Zuständigkeit der Vergabekammer nicht gegeben sei. Die Ag sei zunächst davon ausgegangen, dass es sich um einen öffentlichen Auftrag handele, da der Auftrag über öffentliche Mittel finanziert werde. Die Bundesrepublik Deutschland stelle die Mittel für die Anschaffung des Echolots zur Verfügung. Dies sei jedoch für die Auftraggebereigenschaft nach § 98 Nr. 2 GWB nicht entscheidend. Die Ag sei kein öffentlicher Auftraggeber gem. § 98 Nr. 2 GWB. Die Ag sei nicht zu dem besonderen Zweck gegründet worden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nicht gewerblicher Art zu erfüllen. Die Ag sei ein auf Gewinnerzielung gerichtetes privates Unternehmen. Sie stehe vollständig im Eigentum privater Eigentümer. Die Ag sei im Reedereigeschäft sowohl als Charterbetrieb als auch als Dienstleister für fremde Schiffsinhaber tätig. Sie sei aufgrund eines schlichten Dienstleistungsvertrages mit der Bereederung der FS Meteor beauftragt. Auftraggeber sei die L, vertreten durch die Universität H. Die Ag sei ausschließlich privat finanziert, sie erhalte keine Mittel des Bundes oder anderer Stellen der öffentlichen Hand. Die Aufsicht über die Leitung werde allein durch die privaten Gesellschafter ausgeübt. Auch ein Fall des § 98 Nr. 5 GWB liege nicht vor, da der Auftrag für die Echolote nicht dem (abschließenden) Katalog dieser Bestimmung unterfalle. Vielmehr sei die Vergabe der Echolote auf der 2. Stufe des Reedereivertrages erfolgt und falle nicht mehr unter den Begriff des öffentlichen Auftrages. Ebenso wenig wie der Generalunternehmer auf der Baustelle sei der Reeder verpflichtet, seine Lieferanten im Wege der öffentlichen Ausschreibung zu ermitteln. Durch die Vereinbarung von Selbstkostenerstattungspreisen werde lediglich sichergestellt, dass die Vergütung für diese zusätzlichen Fremdlieferungen und Leistungen marktgerecht und angemessen ermittelt werde.

Auf die behaupteten materiellen Vergabeverstöße komme es deshalb nicht an. Die Ag nimmt dazu ergänzend Stellung. Bei der Wertung der Angebote seien die wissenschaftlichen Kriterien in "Muss"- und "Kann"-Kriterien gegliedert worden, wobei das Fehlen eines "Muss"-Kriteriums zum Ausschluss des Angebots geführt habe. Zur Wertung nimmt sie wie folgt Stellung: Die Ag habe eine Mindestqualität mit Muss-Kriterien festgelegt. Darüber hinaus sollten zusätzliche Punkte von 1 – 10 dafür vergeben werden, dass einzelne Qualitätsmerkmale über der Basis lagen. Für die überobligatorische Kriterienerfüllung habe es das Punktespektrum von 1 – 10 gegeben. Hätten alle Anlagen die gleiche Qualitätsbasis, erfüllten also die Muss-Kriterien, so entscheide allein der Preis. Erst zusätzliche Kriterien rechtfertigten es, Unterschiede in der Qualität in die Bewertung mit einzubeziehen. Die unterschiedliche Bewertung gleicher Produktmerkmale beim Mittel- und beim Tiefsee-Echolot rührten daher, dass die Qualität immer nur relativ beurteilbar sei. Gerade im Tiefseewasser-Echolotbereich habe es bei der ASt große qualitative Unterschiede zu den anderen Anbietern gegeben. Das Wertungskriterium 1.10 (Beamsteuerung umschaltbar) sei von der ASt nicht erfüllt worden, weil sie eine alte Schwingertechnologie angeboten habe. Die Bottom-Detection erfolge nur über Amplitude. Dies führe dazu, dass bei der Umschaltung auf "Equidistant" erhebliche Qualitätsverluste aufträten, da nicht alle Strahlen erhalten blieben. Die volle Umschaltbarkeit des Systems könne nicht als erfüllt betrachtet werden. Bei dem Wertungskriterium 1.17 habe das Angebot der ASt mit Abstand den geringsten Kompensationsbereich gehabt. die Bewertungsgruppe habe deshalb entschieden, das Angebot mit 0 Punkten zu bewerten. Damit könne das Wertungskriterium nicht als erfüllt angesehen werden. Zur Systemsoftware (2.3) stellt die Ag fest, dass hier zusätzliche Punkte nicht erreicht werden konnten. Es sei Muss-Voraussetzung gewesen, dass die Systemsoftware auf Windows basiere. In Ziffer 1.4 sei nicht entscheidend, ob das Kriterium der Muss-Abdeckung um einige Grade überschritten werde, sondern wie die Qualität der Vermessungsbreite im Vergleich zu anderen Anlagen gewesen sei. Die von der ASt angebotene niedrige Streifenbreite biete wegen der Schiffskosten keine wirtschaftliche Lösung. Die in Ziffer 1.5 bewerteten Hardbeams seien das schlechteste Ergebnis im gesamten Angebotsspektrum. Es hätten daher keine zusätzlichen Wertungspunkte vergeben werden können. In Ziffer 1.7 sei ein Prototyp angeboten worden, dessen Funktionsweise nicht nachgewiesen worden sei. In Ziffer 1.9 sei eine zusätzliche Qualität über Verfahren, die mehrere Pings unabhängig von der Wassertiefe realisieren, bewertet worden. Derartiges sei durch die ASt aber nicht angeboten worden. Bezüglich Ziffer 1.12 sei festzustellen, dass die ASt nur beschrieben habe, dass sie das Kriterium erfülle. Sie habe jedoch keine Qualität dargelegt, die die Vergabe zusätzlicher Punkte rechtfertige. Dies gelte entsprechend auch für die Ziffer 2.3. Zusätzliche Punkte seien nur bei zusätzlichen Funktionen, die den Nutzwert erhöhten, zu vergeben gewesen. Das sei bei der Anlage der ASt aber nicht der Fall gewesen. Eine Schlechterbehandlung gegenüber anderen Anbietern habe es aber nicht gegeben.

Bei der Wertung der Preise sei für alle Anbieter das wahrscheinlichste Leistungspaket definiert und auf dieser Basis der Gesamtpreis ermittelt worden.

Die Offenlegung der Wertungsmatrix könne nicht beanstandet werden. Die ASt habe diese selbst gefordert. Im Wege der Gleichbehandlung sei gegenüber anderen Bietern entsprechend verfahren worden.

Mit Auflagen- und Hinweisbeschluss vom 5. Juli 2005 wies die Vergabekammer Bremen darauf hin, dass "bisher nicht erkennbar sei, dass die Vorschriften des 4. Teils des GWB zur Anwendung kommen". Mit bestandskräftigem Beschluss vom 15. Juli 2005 hat die Vergabekammer Bremen (VK 07/05) das Nachprüfungsverfahren an die Vergabekammer des Bundes verwiesen. In der Begründung führte sie aus, dass die Finanzierung des Forschungsschiffes METEOR, das im Eigentum der Bundesrepublik Deutschland steht, überwiegend mit Mitteln des Bundes erfolge. Die Vergabekammer hat dahingestellt sein lassen, ob die Ag überhaupt die richtige Antragsgegnerin sei oder ob dies nicht die Bundesrepublik Deutschland sein müsste. Zur Zulässigkeit des Antrags stellte sie fest, dass die Rügeobliegenheit nicht verletzt sei. Die ASt habe positive Kenntnis der von ihr gerügten Vergabeverstöße erst nach Erhalt der Bewertung mit Schreiben vom 7. Juni 2005 gehabt. Das Nachprüfungsverfahren ist nach Feststellung der Vergabekammer Bremen hinsichtlich des Hauptantrags erledigt, da die Ag den Zuschlag erteilt hat. Der Zuschlag sei nach Beginn des Nachprüfungsverfahrens, das mit dem Tätigwerden der Vergabekammer am 13. Juni 2005 – nämlich der Entscheidung, den Antrag mangels Begründung als offensichtlich unzulässig nicht zuzustellen – anzusetzen sei, wirksam erteilt worden. Ein Zuschlagsverbot gem. § 115 Abs. 1 GWB sei nicht eingetreten, weil die Frist des § 13 VgV abgelaufen war. Anhängig geblieben ist nach dem Beschluss der Vergabekammer Bremen der hilfsweise gestellte Fortsetzungsfeststellungsantrag der ASt.

Auf ein Auskunftsersuchen der Vergabekammer der Bundes hin hat die Universität H mitgeteilt, dass die beschafften Echolote in erster Linie wissenschaftlichen Zwecken (Kartierung des Meeresbodens bei der Erfassung der Morphologie) dienen. Im Gegensatz zu den an Bord von Forschungsschiffen ebenfalls vorhandenen Navigationsecholoten, die Tiefeninformationen bis 100 m lieferten, wiesen Fächerecholote einen Arbeitsbereich von 100 – 10.000 m Wassertiefe auf. Nach Auffassung der Uni H erfasst der Bereederungsvertrag für die FS METEOR die Beschaffung von wissenschaftlichen Geräten durch die Ag. Sie verweist insoweit auf die Anlage 4.3 zum Bereederungsvertrag (6. Spiegelstrich). Die Durchführung der Beschaffungen nach VOL sei in Anlage 3 festgelegt. Beschaffungen – auch wissenschaftlicher Geräte -, die aufgrund des Bereederungsvertrages vorgenommen worden seien, seien auf den Schiffsbetrieb bezogen, da sie speziell für das Schiff METEOR angeschafft würden. Das wissenschaftlich-technische Anforderungsprofil für das hier zu beschaffende Fächerecholot sei in einer Arbeitsgruppe erarbeitet worden, der mehrere Wissenschaftler aus verschiedenen Instituten und Vertreter der Ag angehörten. Da die Ausführung der Leistung erhebliches schiffsbetriebstechnisches Wissen erfordert habe, sei die Beschaffung durch die Ag durchgeführt worden. Bei Geräten, die unabhängig von der Schiffstechnik genutzt würden, werde hingegen die Beschaffung von der zuständigen wissenschaftlichen Einrichtung selbst vorgenommen, die auch für die Finanzierung des Gerätes verantwortlich sei.

Die Kammer hat der ASt antragsgemäß Einsicht in die Vergabeakten gewährt, soweit keine geheimhaltungsbedürftigen Aktenbestandteile betroffen waren.

Auf die ausgetauschten Schriftsätze, die Verfahrensakte der Vergabekammer, auf die Vergabeakten, soweit sie der Vergabekammer vorgelegen haben, sowie den Verweisungsbeschluss der Vergabekammer Bremen und deren Verfahrensakte wird ergänzend Bezug genommen. In der mündlichen Verhandlung wurde festgestellt, dass die von der Ag überreichten Vergabeakten nur einen Teil des Angebots der ASt enthielten. Die Kammer hat zur Überprüfung der Angebotswertung eine von der ASt übergebene Kopie des Angebotsformulars (datiert am 24. März 2005) zugrunde gelegt.

II.

Der gegen die Ag gerichtete Feststellungsantrag ist zulässig. Die Ag hat im Rahmen ihres Dienstleistungsvertrages die Beschaffung der Fächerecholote stellvertretend für die öffentliche Hand ausgeführt. Der Nachprüfungsantrag ist begründet, weil die ASt bei der Durchführung der Wertung in ihren Bieterrechten verletzt worden ist.

A. Das Nachprüfungsverfahren ist nach dem 4. Teil des GWB statthaft.

1. Ein Nachprüfungsverfahren ist jedoch nicht schon deshalb eröffnet, weil die Ausschreibung den Hinweis darauf enthielt, dass die Vergabekammer Bremen zur Überprüfung der Entscheidung über die Vergabekammer zuständig sein solle. Eine (falsche) Rechtsmittelbelehrung eröffnet keinen Rechtsmittelzug (OLG Celle, Beschluss v. 5. September 2002, 13 Verg 9/02). Zwar hat die europaweite Ausschreibung der Ag im nichtoffenen Verfahren nach VOL/A eine Selbstbindung der Ag im Hinblick auf die Einhaltung dieser Vorschriften bewirkt. Die Ag muss sich folglich bei ihrer Vergabeentscheidung an den Verfahrensregeln der VOL/A festhalten lassen (so OLG Dresden, Urteil v. 9. März 2004, 20 U 1544/03). Das Auftreten als öffentlicher Auftraggeber und die Rechtsmittelbelehrung bewirken aber nicht, dass der 4. Teil des GWB anwendbar wird. Die Anwendbarkeit des GWB bestimmt sich rein objektiv nach dem Vorliegen der entsprechenden Tatbestandsmerkmale zur Auftraggebereigenschaft und zum öffentlichen Auftrag.

2. Im zu prüfenden Fall liegt allerdings eine Vergabe durch einen öffentlichen Auftraggeber gem. § 97 Abs. 1 i.V.m. § 98 GWB vor. Nach § 97 Abs. 1 GWB beschaffen öffentliche Auftraggeber Waren, Bau- und Dienstleistungen nach Maßgabe der Vorschriften des 4. Teils des GWB. Der Begriff des öffentlichen Auftraggebers ergibt sich aus § 98 GWB. Der Begriff ist nach der Rechtsprechung des EuGH funktionell auszulegen (EuGH, Urteil v. 13.01.2005, Rs. C-84/03; Urteil v. 15.5.2003, Rs. C-214/00). Danach liegt eine Einrichtung des öffentlichen Rechts vor, wenn sie die drei in Art. 1 lit. b Unterabsatz 2 der Richtlinie 93/37 (bzw. Richtlinien 92/50 und 93/36) enthaltenen Tatbestandsmerkmale aufweist, nämlich ihre Gründung zu dem besonderen Zweck, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nicht gewerblicher Art zu erfüllen, Rechtspersönlichkeit und eine enge Verbindung mit dem Staat, Gebietskörperschaften oder anderen Einrichtungen des öffentlichen Rechts vorliegt. § 98 GWB setzt diesen Begriff der öffentlichen Einrichtung in den Auftraggeberbegriff des deutschen Rechts um.

a. Die Ag ist jedoch selbst kein öffentlicher Auftraggeber im Sinne von § 98 Nr. 2 GWB. Öffentlicher Auftraggeber gem. § 98 Nr. 2 GWB sind juristische Personen des öffentlichen oder des privaten Rechts, die zu dem besonderen Zweck gegründet wurden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewerblicher Art zu erfüllen, wenn Stellen, die unter § 98 Nr. 1 oder 3 GWB fallen, sie einzeln oder gemeinsam durch Beteiligung oder auf sonstige Weise überwiegend finanzieren oder wenn sie durch staatliche Stellen beherrscht werden. Im Sinne der Rechtsprechung des EuGH müssen diese Merkmale kumulativ vorliegen (EuGH, Urteil v. 15.5.2003, Rs. C-214/00).

i. Die Ag ist nicht zur Erfüllung einer im Allgemeininteresse liegenden Aufgabe nichtgewerblicher Art gegründet worden. Ausreichend ist allerdings, wenn die im Allgemeininteresse liegenden Aufgaben nichtgewerblicher Art später übernommen wurden. Es ist nicht erforderlich, dass die juristische Person von Anfang zu diesem Zweck gegründet wurde (EuGH, Urteil v. 12. Dezember 2002, Rs. C -470/99; Werner in Byok/Jaeger, 2. Aufl., § 98 Rz. 328). Die Ag hat jedoch weder ursprünglich im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewerblicher Art wahrgenommen, noch hat sie dies während der Bereederung der FS METEOR getan. Die Ag war und ist vielmehr ein auf Gewinnerzielung ausgerichtetes Reederei-Unternehmen, das an öffentlichen Aufträgen im Sektor Forschungsschiffe bzw. Forschungsplattformen in Form von Dienstleistungsverträgen partizipiert. Zweifelhaft ist schon, ob die Ag nichtgewerblich tätig ist. Die Ag steht bei ihrer Aufgabe nämlich im Wettbewerb mit anderen gewerblich tätigen Reedern. Jedenfalls stellt aber der Geschäftszweck der Ag keine im Allgemeininteresse liegende Aufgabe dar. Die Ag beschäftigt sich mit Bau, Erwerb, Charterung, Vercharterung und Bereederung von Forschungsschiffen sowie anderen Einheiten zur Meeresforschung und hiermit in Zusammenhang stehender Consultingtätigkeit sowie mit der Betreuung von Forschungseinrichtungen in Küstennähe und im offenen Meer, ferner mit Handel und Vermietung von Geräten für Meeresforschung und Meerestechnik (so § 2 des Gesellschaftsvertrages der Ag). Die öffentliche Aufgabe "Forschung" (vgl. insoweit Anhang III der Vergabekoordinierungsrichtlinie, Abdruck in Byok/Jaeger, § 98 Rz. 311) ist hingegen nicht Bestandteil des Aufgabenfeldes der Ag. Dementsprechend hat auch nicht die Ag den Forschungsbetrieb des Schiffes METEOR geleitet. Vielmehr obliegt die Leitung des Forschungsbetriebes dem Institut für Meereskunde der Universität H (sog. Leitstelle FS METEOR).

ii. Ferner fehlt es auch an dem Merkmal der "auf sonstige Weise" überwiegenden Finanzierung der Ag. Eine überwiegende Finanzierung wird beispielsweise für den Fall angenommen, dass ein Unternehmen sowohl Personal als auch Liegenschaften nebst Betriebs- und Geschäftsausstattung unentgeltlich von der öffentlichen Hand zur Verfügung gestellt bekommt (OLG Düsseldorf, Beschluss v. 30. April 2003, Verg 67/02). Die Ag finanziert jedoch ihr Personal und ihren Geschäftsbetrieb selbst. Die Ag erhält allerdings für die Dienstleistung "Bereederung" von den verschiedenen Auftraggebern jeweils ein Entgelt. Es handelt sich hierbei – soweit die Auftraggeber öffentliche Einrichtungen sind – zwar um öffentliche Gelder, diese werden aber in einem Vertragsverhältnis als Gegenleistung gezahlt. Die Ag erhält somit – selbst wenn man unterstellte, die Ag hätte zu 100 % Vertragspartner der öffentlichen Hand – keine Finanzierung im Sinne einer Bereitstellung von Geldern oder Sachleistungen (vgl. Werner in Byok/Jaeger, § 98 Rz. 351). Es liegen der Vergabekammer darüber hinaus keine Anhaltspunkte vor, dass die Ag neben den vertraglichen Entgelten Zuschüsse und Unterstützungen durch die öffentliche Hand erhält. Auch für den Fall der Erstattung von Kosten für die Beschaffung von Inventar und sonstiger Ausrüstung aufgrund des mit der L abgeschlossenen Vertrages über die Bereederung ergibt sich keine überwiegende Finanzierung der GmbH im Sinne des § 98 Nr. 2 GWB. Die Kostenerstattung für die Anschaffung des Echolots bewirkt lediglich ein Durchreichen der bei der Ag bereits entstandenen Kosten für im eigenen Namen angeschafftes Inventar.

iii. Auch wird die Ag nicht durch staatliche Stellen beherrscht. Die Ag steht unstreitig im Eigentum privater Gesellschafter, die keinem Einfluss durch staatliche Stellen ausgesetzt sind. Die Ag ist eine 100 %ige Tochter einer Kommanditgesellschaft, deren Anteile von Privatpersonen gehalten werden.

b. Ferner ist die Ag auch nicht öffentlicher Auftraggeber gem. § 98 Nr. 5 GWB. Nach dieser Bestimmung fallen auch solche natürlichen oder juristischen Personen des privaten Rechts unter den Begriff des öffentlichen Auftraggebers, die bestimmte Bauvorhaben durchführen und dabei von Stellen nach § 98 Nr. 1 – 3 GWB öffentliche Mittel erhalten, mit denen die genannten Vorhaben zu mehr als 50 % finanziert werden. Die Vorschrift findet bei sog. Drittvergaben im Falle der abschließend aufgezählten Bauvorhaben, also bei Tiefbaumaßnahmen, Errichtung von Krankenhäusern, Sport-, Erholungs- oder Freizeiteinrichtungen, Schul-, Hochschul- oder Verwaltungsgebäuden Anwendung. Sinn und Zweck der Vorschrift ist es zu verhindern, dass sich der Staat seinen vergaberechtlichen Verpflichtungen durch Zwischenschaltung von durch ihn subventionierten Auftraggebern entzieht (Werner in Byok/Jaeger, § 98 Rz. 386). Die Finanzierung des Echolots durch die Bundesrepublik Deutschland erfolgt jedoch nicht im Rahmen einer Bau- Vergabe. Sie ist vielmehr eine Beschaffung im Anwendungsbereich der VOL. Die abschließend für bestimmte Bauvorhaben geregelte Auftraggebereigenschaft nach § 98 Nr. 5 GWB ist daher für den vorliegenden Fall nicht anwendbar.

Angesichts des abschließenden Regelungsgehalts scheidet eine analoge Anwendung der Norm zur Begründung der Auftraggebereigenschaft der Ag aus. Voraussetzung für eine analoge Anwendung wäre das Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke in § 98 GWB. Der Gesetzgeber hat in der Vorschrift eine Umsetzung des von den EG-Vergaberichtlinien vorgesehenen Auftraggeberbegriffes in deutsches Recht vorgenommen (Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucksache 13/9340, zu § 107 GWB-E [§ 98]). Die vom Gesetzgeber vorgenommene Einteilung des Auftraggeberbegriffs in sechs Kategorien ist abschließend (Werner in Byok/Jaeger, § 98 Rn. 296; Eschenbruch in Kulartz/ Kus/Portz, GWB-Vergaberecht, 2006, § 98, Rn. 42). Gegen das Vorliegen einer Regelungslücke spricht insbesondere, dass der Gesetzgeber den Fall der Finanzierung von Vorhaben bereits besonders erfasst hat (s. § 98 Nr. 5 GWB). Die vorgenommene Einschränkung auf spezielle Bauvorhaben, die zu über 50 % finanziert werden, stellt eine bewusste Eingrenzung des Auftraggeberbegriffs dar. Auch aus der am 30.04.2004 in Kraft getretenen Vergabekoordinierungsrichtlinie 2004/18/EG (ABl. EG 2004, Nr. L 134/14) lässt sich nichts anderes ableiten.

c. Die Ag ist allerdings stellvertretend für einen öffentlichen Auftraggeber aufgetreten. Die Ag erteilte zwar den Auftrag nach Ziffer 3.2 des der Ausschreibung zu Grunde liegenden Vertragsentwurfes (Anlage 9 der Ausschreibung) im eigenen Namen und für eigene Rechnung. Damit liegt zwar kein Fall der unmittelbaren Stellvertretung gemäß § 164 BGB vor (hierbei handelt der Vertreter im Namen des Vertretenen). Die Ag hat jedoch die öffentliche Hand mittelbar vertreten. Eine mittelbare Stellvertretung liegt vor, wenn jemand ein Rechtsgeschäft im eigenen Namen, aber im Interesse und für Rechnung eines anderen, des Geschäftsherrn, vornimmt (Heinrichs in Palandt, 65. Aufl. 2006, Einf v § 164 BGB). Die Ag führte die Ausschreibung aufgrund des Beschlusses und der Vorgaben einer mit Wissenschaftlern aus verschiedenen Instituten sowie einem eigenen Vertreter (Herr …) besetzten Arbeitsgruppe ("…") durch. Die von der Arbeitsgruppe entwickelten Vorstellungen mündeten nach Auskunft der Universität H in eine wissenschaftlich- technische Beschreibung der Echolote als Basis der Beschaffung. Die Fächerecholote wurden auf der FS METEOR allein für den wissenschaftlichen Einsatz benötigt. Sie dienen der Kartierung des Meeresbodens bei der Erfassung der Morphologie. Für nautische Zwecke werden sie nicht eingesetzt, weil auf der FS METEOR für diese Zwecke ein eigenes Echolot vorhanden ist. Nach Auskunft der Universität H hat man die Beschaffung durch die Ag durchführen lassen, weil sie schiffsbetriebstechnisches Wissen erforderte. Die Beschaffung der Fächerecholote lag somit erkennbar nicht im eigenen Interesse der Ag, sondern im Interesse des Schiffseigners (Bundesrepublik Deutschland) bzw. des Betreibers des Forschungsschiffes (der Universität H). Da die Ag ferner die für die Beschaffung der Echolote erforderlichen Mittel nach dem Bereederungsvertrag zum Selbstkostenpreis ersetzt bekam, handelte sie für Rechnung eines Anderen. Die Voraussetzungen für eine mittelbare Stellvertretung liegen demnach vor. Die Ag ist damit zwar im Außenverhältnis alleiniger Auftraggeber, im Innenverhältnis ist die Beschaffung jedoch der Bundesrepublik Deutschland (bzw. dem Bundesland L als Vertragspartner des Bereederungsvertrages) als öffentlichem Auftraggeber gem. § 98 Nr. 1 GWB zuzurechnen (vgl. auch OLG Schleswig, Beschluss v. 13. April 2006, 1 (6) Verg 10/05: materiell-rechtliche Zurechnung der Vergabe zu dem eigentlichen öffentlichen Auftraggeber). Bei der Beschaffung der Echolote waren deshalb die Vergabevorschriften des 4. Teils des GWB einzuhalten. Die Vergabe unterliegt daher grundsätzlich dem Nachprüfungsverfahren.

d. Die Anwendbarkeit der Vergabevorschriften des 4. Teils des GWB scheidet im vorliegenden Fall auch nicht ausnahmsweise aus, weil die Neubeschaffung der Fächerecholote bereits durch die Beschaffung der Reedereidienstleistung miterfasst worden wäre ("Sperrwirkung der Erstvergabe"). Vergaberechtlich unbedenklich ist allerdings, dass der Reedereivertrag aus dem Jahr 1986 stammt und nicht seinerseits im Rahmen einer förmlichen Vergabe abgeschlossen wurde. Da zu diesem Zeitpunkt das europäische Vergaberecht noch nicht galt, musste der Vertrag nicht europaweit ausgeschrieben werden. Der Vertrag war unbefristet abgeschlossen. Es bestand deshalb keine Verpflichtung, den Vertrag 1999 mit Einführung des europäischen Vergaberechts zu kündigen. Jedoch sperrt der Reedereivertrag inhaltlich nicht die Anwendbarkeit der Vergabevorschriften auf die vorliegende Beschaffung des Echolote. Grundsätzlich kann ein öffentlicher Auftraggeber Gesamtleistungen ausschreiben (z.B. bei dem Bau einer Autobahn, eines Schiffes). Durch die Verlagerung von "Unterbeschaffungen" bzw. Nachunternehmerleistungen auf den Auftragnehmer der Gesamtleistung kann er weitere Ausschreibungen einzelner Gewerke vermeiden (zur Beschaffung eines Echolots im Rahmen des Neubaus eines Forschungsschiffes: OLG Rostock, Beschluss v. 5. Februar 2003, 17 Verg 14/02; vgl. auch OLG Celle, Beschluss v. 5. September 2002, 13 Verg 9/02). In der hier zu beurteilenden Sachverhaltskonstellation liegt allerdings nicht die Beschaffung von Teilleistungen im Rahmen einer Gesamtleistung vor. Der zugrundeliegende Reedereivertrag ermächtigt die Ag zwar zur Beschaffung von Proviant, Betriebs- und Hilfsstoffen (§ 4 Ziffer 5.3 und 5.4). Eine Ergänzung der Ausrüstung des Schiffes ist aber gem. § 4 Ziffer 5.2 nur in Abstimmung mit dem Auftraggeber des Bereederungsvertrages vorzunehmen. Insoweit ist die Ag nicht eigenständig zur Beschaffung von Ausrüstungsgegenständen ermächtigt, sondern auf eine gesonderte Vergabeentscheidung der Universität H angewiesen. Bestätigt wird dies dadurch, dass die Universität im Reedervertrag ab einem Auftragswert von 50.000 DM eine Vergabe im Wettbewerb durch Einhaltung der Vorgaben der VOL vorschreibt und gleichzeitig ein Zustimmungserfordernis vor Auftragserteilung begründet (s. Anlage 1 lit. I. B des Reedereivertrages). Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass der Reedereivertrag Ersatz- oder Neubeschaffungen von Ausrüstungsgegenständen "sperrt" und der öffentliche Auftraggeber diese nicht mehr in einem förmlichen Verfahren nach den Vergabevorschriften des 4. Teils des GWB auszuschreiben hätte. Anders hingegen sieht es bei der Beschaffung von Proviant oder Betriebs- und Hilfsstoffen aus. Hier deckt der Reedereivertrag die laufende Beschaffung durch den Reeder ab. Diese Beschaffungen sind Bestandteil der typischen Tätigkeit eines Reeders beim Betrieb eines Schiffes. Die Fächerecholote waren im vorliegenden Fall deshalb öffentlich auszuschreiben. Die Kammer merkt in diesem Zusammenhang an, dass selbst bei einer ausdrücklichen vertraglichen Verlagerung der Beschaffung von wissenschaftlicher Ausrüstung auf den Reeder Zweifel bestehen, ob dies die Ausschreibungspflicht der öffentlichen Hand entfallen ließe. Solange die Leitung des Forschungsbetriebs bei einem öffentlichen Auftraggeber verbleibt, dürfte die pauschale Ermächtigung zur Beschaffung von Ausrüstungsgegenständen zu Forschungszwecken, die nicht im Zusammenhang mit dem laufenden – vom Reeder zu gewährleistenden – Schiffsbetrieb stehen, vergaberechtlich zu weitgehend sein. Eine generelle Verlagerung der Einkaufstätigkeit der Universität H auf den Reeder würde zu einer Umgehung des Vergaberechts durch die öffentliche Hand führen.

B. Der Feststellungsantrag ist statthaft und im Übrigen zulässig.

1. Nachdem sich das Vergabeverfahren nach seiner Einleitung am 10. Juni 2005 durch die Erteilung des Zuschlags vor Zustellung des Antrags erledigt hat, ist der Antrag auf Feststellung einer Rechtsverletzung gemäß § 114 Abs. 2 S. 2 GWB statthaft. Da eine solche Feststellung wegen der Bindungswirkung nach § 124 Abs. 1 GWB der Vorbereitung eines möglichen Schadensersatzprozesses dient, hat die Antragstellerin grundsätzlich ein Feststellungsinteresse. Sie hat in der mündlichen Verhandlung dargelegt, dass sie zur weiteren "Schadensbegrenzung" insbesondere ein Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des Vergabeverfahrens im Hinblick auf zukünftige Vergabeentscheidungen anderer Auftraggeber habe.

2. Die ASt war im Hinblick auf den zunächst eingereichten Nachprüfungsantrag gemäß § 107 Abs. 2 GWB antragsbefugt. Sie hat geltend gemacht, durch einen Vergaberechtsverstoß in ihren Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB verletzt zu sein. Durch die Abgabe eines Angebots war das Interesse der ASt am Auftrag hinreichend dokumentiert, so dass ihr durch die Nichtberücksichtigung ihres Angebots auch ein wirtschaftlicher Schaden drohte.

3. Die ASt hat die geltend gemachten Vergaberechtsverstöße auch rechtzeitig gemäß § 107 Abs. 3 GWB, d.h. ohne schuldhaftes Zögern, gerügt. Die Rüge gem. § 107 Abs. 2 GWB ist formlos möglich. Sie ist deshalb auch mündlich oder fernmündlich zulässig (Wiese in Kulartz/ Kus/Portz, GWB-Vergaberecht, § 107 Rn. 92). Die ASt hatte der Ag bereits telefonisch am 30. Mai 2005 mitgeteilt, dass die mit Schreiben vom 27. Mai mitgeteilte Zuschlagsentscheidung nicht nachvollziehbar sei. Eine inhaltlich aufbereitete Rüge war der ASt allerdings erst mit Erhalt der Bewertung, die zuvor bereits an einen dritten Bewerber verschickt worden war, am 7. Juni 2005 möglich. In der Besprechung am 10. Juni 2005 habe sie sich – so ihr Vortrag in der mündlichen Verhandlung – von der Ag die Vergabeentscheidung im Hinblick auf die Vergabe der Wertungspunkte (1 – 10 Punkte bzw. 0 – 10 Punkte), die ungeschwärzte Veröffentlichung der Bewertung und die Berücksichtigung der Preise erläutern lassen und mitgeteilt, dass sie die Anrufung der Vergabekammer erwäge. Die Ag räumt ein, dass die ASt die Anrufung der Vergabekammer erwogen habe, bestreitet aber den Inhalt der Rügen. Es erscheint der Kammer allerdings lebensfremd, dass die ASt im Gespräch die Anrufung der Vergabekammer erwähnt habe, ohne dass über Inhalte eines solchen Vorgehens gesprochen worden sein soll. Die Kammer ist von der Richtigkeit des Vortrags der ASt überzeugt. Jene hat damit die Beseitigung der aufgezeigten Vergaberechtsfehler geltend gemacht und ist somit ihrer Rügeverpflichtung nachgekommen.

4. Die Vergabekammer des Bundes ist nach dem Verweis des Feststellungsverfahrens durch die Vergabekammer Bremen zur Entscheidung zuständig. Es kann dabei letztlich dahin stehen, ob dieser Auftrag dem Bund (wegen der Finanzierung der Echolote aus Bundesmitteln) oder dem Bundesland L zuzurechnen ist; denn die Kammer sieht sich durch den Verweisungsbeschluss der Vergabekammer Bremen zur Entscheidung über dieses Nachprüfungsverfahren berufen.

C. Der Feststellungsantrag ist begründet. Die ASt ist bei der Durchführung der Wertung durch die Ag in ihren Bieterrechten verletzt worden.

1. Die durchgehende Verwendung einer Punkteskala von 0 – 10 Punkten ist angesichts der von der Ag veröffentlichten Bewertungsskala von 1 – 10 Punkten für "Kann"-Kriterien nicht plausibel. Die Ag hatte in den Verdingungsunterlagen die wissenschaftlichen Kriterien in "Muss"- und "Kann"-Kriterien gegliedert. Ferner war vorgegeben, dass "Kann"- Kriterien in einer Punkteskala von 1 bis 10 bewertet würden. Nicht vorhandene "Muss"- Kriterien sollten zum Ausschluss führen. In der den Bietern mitgeteilten Wertungsmatrix finden sich mehrere "Muss"-Kriterien, die mit "Kann"-Kriterien kombiniert sind. Der Matrix kann jedoch nicht in der notwendigen Klarheit entnommen werden, dass für den Fall, dass ein Bieter, der lediglich ein "Muss"-Kriterium erfüllt, für die Nicht-Erfüllung des weitergehenden "Kann"-Kriteriums keine Punkte, also 0 Punkte, erhält. Die "Kann"-Kriterien bewerten zwar teilweise eine Übererfüllung, d.h. eine Leistung, die über die reine "Muss"- Leistung hinausgeht (Ziffern 1.4, 1.5). Eine Bewertung mit 0 Punkten wäre in diesen Fällen denkbar. Nicht schlüssig ist hingegen eine Vergabe von 0 Punkten, wenn dem "Kann"- Kriterium keine Übererfüllung entnommen werden kann (siehe Ziffern 1.10, 1.13, 1.14, 1.15, 1.17, 1.20, 1.23, 2.2, 2.4, 2.7). Letztendlich kann die Differenzierung im Einzelnen aber dahinstehen, da sich die Ag durch die Veröffentlichung der Bewertungsskala von 1 – 10 Punkten selbst gebunden und dabei die Bewertung mit 0 Punkten im Einzelfall nicht vorgesehen hat.

2. Die Vergabe der Wertungspunkte ist in einer Reihe von Ziffern der Matrix als auch in dem zugrunde gelegten Angebotspreis der ASt nicht nachvollziehbar. Grundsätzlich ist die Ermessensentscheidung des Auftraggebers bei der Bewertung von den Vergabenachprüfungsinstanzen nur eingeschränkt überprüfbar. Sie kommt – von Rechtsverstößen abgesehen – nur in den Fällen einer Ermessensunterschreitung, -überschreitung oder eines Ermessensfehlgebrauchs in Betracht (OLG Düsseldorf, 12. Oktober 2005, Verg 37/05). Es bestehen vorliegend Anhaltpunkte für eine Überschreitung des der Ag zustehenden Entscheidungsermessens. Die Vergabe von 0 Wertungspunkten in den Ziffern 1.4 und 1.5 ist nicht nachvollziehbar, weil die ASt hier gemäß ihren Angaben in den Technischen Datenblättern ihres Angebots, eine Erfüllung über das "Muss"-Kriterium hinaus gewährleistet. Die Ag hätte dies gemäß ihrer Vorgabe in den Verdingungsunterlagen mit mindestens 1 Punkt bewerten müssen. Bei den Ziffern 1.10, 1.14, 1.15, 1.17, 1.23, 2.2, 2.4, 2.7 ist eine Bewertung mit 0 Punkten nicht nachvollziehbar, weil dem "Kann"-Kriterium keine Übererfüllung im Hinblick auf die Mindestanforderung ("Muss"-Kriterium) entnommen werden kann (s. unter C.1.). Nicht plausibel ist ferner die z.T. sehr unterschiedliche Bewertung derselben Funktionalität beim Tiefsee- und beim Mittelwasserlot. So hat die Ag beispielsweise in Ziffer 1.6 (zusätzliche Softbeams) einmal 10 Punkte, einmal 5 Punkte vergeben. Sie hat die Abweichung mit den unterschiedlichen Qualitäten der jeweils für sich zu bewertenden Vergleichsprodukte der Wettbewerber begründet. Eine derart starke Abweichung ist für die Vergabekammer aber ohne weitere Nachweise oder Begründung seitens der Vergabestelle nicht nachvollziehbar. Dies gilt ebenfalls für die Wertung der Ziffer 1.10 (Beamsteuerung umschaltbar). Hier erhielt die ASt einmal 9 Punkte, einmal 0 Punkte. Die Bewertung mit "nicht erfüllt" des Tiefseelots ist schon aus dem vorgenannten Grund mit mindestens 1 Punkt vorzunehmen. Die Vergabe von 9 Punkten beim Mittelwasserlot bedeutet aber eine fast vollständige Leistungserfüllung. Der Verweis auf die Qualität der übrigen Angebote kann den eklatanten Unterschied in der Bewertung derselben Funktion nicht zufriedenstellend erklären. Ähnliches gilt für Ziffer 1.13 (Side-Scan-Funktion). Hier wurde das Tiefseelot mit 1 Punkt, das Mittelwasserlot hingegen mit 8 Punkten bewertet. In Ziffer 1.14 (Backscatter-Funktion) wurde das Tiefseelot unzulässigerweise mit 0 Punkten, das Mittelwasserlot mit 10 Punkten bewertet. Die großen Unterschiede in der Bewertung sind für die Vergabekammer nicht nachvollziehbar, so dass sie Anhaltpunkte einer Überschreitung des der Ag zustehenden Entscheidungsermessens sieht. Die unzulässige Bewertung mit 0 Punkten führt zu einer Verzerrung des Wertungsergebnisses, da aufgrund der Multiplikation mit einem Gewichtungsfaktor die entsprechenden Wertungspunkte vollständig ausfallen.

Ferner hat die Ag die Ziffer 2. (Software) bei allen Bietern nicht bewertet, so dass ein mit 35 % angesetzter Teilbereich gar nicht berücksichtigt wurde. Dies kann ebenfalls zu Verzerrungen in der Endwertung führen, da der mit 65 % zu berücksichtigende Wert mit 100 % in das Verhältnis zum Preis gesetzt wurde. Zumindest hat die Ag aber ihr Ermessen entgegen der bekannt gemachten Wertungskriterien in fehlerhafter Weise überhaupt nicht ausgeübt, obwohl Ziffer 2. nicht nur "Muss"-Kriterien, sondern auch aufgesetzte und reine "Kann"-Kriterien enthielt.

Zudem ist der von der Ag zugrunde gelegte Angebotspreis der ASt aufgrund der eingereichten Unterlagen nicht nachvollziehbar. Die Ag hat vorgetragen, dass sie bei allen Bietern gleichermaßen eine von ihr als sinnvoll unterstellte Konfiguration der Echolote zugrunde gelegt hat. Die Rechenmethode ist jedoch der Vergabeakte nicht zu entnehmen. Eine Kontrollrechnung der Vergabekammer hat zu unterschiedlichen Ergebnissen bei der Festlegung des zu wertenden Angebotspreises von ASt und der Bieterin K GmbH geführt. Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb die Ag der Wertung einen ca. 80.000 Euro höheren Preis als in den Angebotsunterlagen enthalten zugrunde gelegt hat. Damit verzerrt sich aber die Punktewertung um 5 Punkte zu Lasten der ASt.

3. Es ist nicht auszuschließen, dass sich bei einer Neubewertung durch die Ag unter Zugrundelegung des korrekt ermittelten Preises die Punktebewertung zugunsten der ASt verschoben und sich hierdurch ihre Chance auf den Erhalt des Zuschlags verbessert hätte, obwohl bei der Neuwertung auch andere Bieter bei einzelnen Kriterien eine andere Punktzahl als 0 bekommen müssten. Die Neuwertung wäre allerdings grundsätzlich wieder dem Beurteilungsspielraum der Vergabestelle unterlegen. Aufgrund des rechtswirksam erteilten Zuschlags an einen Dritten bleibt der Kammer nur noch die Feststellung, dass die ASt durch die vorliegende Wertung ihres Angebots in ihren Rechten gem. § 97 Abs. 7 GWB verletzt worden ist.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 128 Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 GWB.

Die Ag hat als Unterliegende die Kosten des Verfahrens gem. § 128 Abs. 3 Satz 1 GWB zu tragen. Die Ag hat ferner gem. § 128 Abs. 4 Satz 2 GWB die zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Kosten der ASt zu tragen.

Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch die ASt war wegen der im Nachprüfungsverfahren aufgeworfenen Rechtsfragen notwendig.

IV.

Gegen die Entscheidung der Vergabekammer ist die sofortige Beschwerde zulässig. Sie ist schriftlich innerhalb einer Frist von zwei Wochen, die mit der Zustellung der Entscheidung beginnt, beim Oberlandesgericht Düsseldorf – Vergabesenat -, Cecilienallee 3, 40474 Düsseldorf, einzulegen.

Die sofortige Beschwerde ist zugleich mit ihrer Einlegung zu begründen. Die Beschwerdebegründung muss die Erklärung enthalten, inwieweit die Entscheidung der Vergabekammer angefochten und eine abweichende Entscheidung beantragt wird, und die Tatsachen und Beweismittel angeben, auf die sich die Beschwerde stützt.

Die Beschwerdeschrift muss durch einen bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterschrieben sein. Dies gilt nicht für Beschwerden von juristischen Personen des öffentlichen Rechts.

Die sofortige Beschwerde hat aufschiebende Wirkung gegenüber der Entscheidung der Vergabekammer. Die aufschiebende Wirkung entfällt zwei Wochen nach Ablauf der Beschwerdefrist.

Hat die Vergabekammer den Antrag auf Nachprüfung abgelehnt, so kann das Beschwerdegericht auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung bis zur Entscheidung über die Beschwerde verlängern.

Öffentlicher Auftraggeber muss selbst werten

Der öffentliche Auftrageber hat die Wertungsentscheidung selbst zu treffen, er darf sie nicht einem Sachverständigen (Planungsbüro, Projektsteuerungsbüro) überlassen.

OLG München, Beschluss vom 15.07.2005 – Verg 14/05

 

Volltext:

Der Vergabesenat des Oberlandesgerichts München hat unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin am Bayerischen Obersten Landesgericht Hirt sowie des Richters am Oberlandesgericht Dr. Srkal und der Richterin am Bayerischen Obersten Landesgericht Vavra

am 15. Juli 2005

in dem Nachprüfungsverfahren

….

b e s c h l o s s e n :

Die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der Vergabekammer Nordbayern vom 17. Juni 2005 wird einstweilen verlängert.

G r ü n d e :

I.

Der Antragsgegner schrieb europaweit im Offenen Verfahren im Zuge von Sanierungs- und Erweiterungsarbeiten für das Klinikum N. die Küchentechnik aus, bestehend aus den Losen Kücheneinrichtung, Kühltechnik und Containerküche. Angebote für Einzellose sind zugelassen, Nebenangebote nur in Verbindung mit einem Hauptangebot. Angebote waren bis zum 31.3.2005 einzureichen. Als Zuschlagskriterien sind im Aufforderungsschreiben zur Abgabe eines Angebotes benannt: Preis, Qualität und Folgekosten. Mindestanforderungen für Nebenangebote sind nicht benannt. Unter Ziffer 7 der Angebotsaufforderung heißt es: "Bedarfspositionen werden grundsätzlich gewertet" und unter Ziffer 10.1.1 der Besonderen Vertragsbedingungen: "Den Abschluss eines Wartungsvertrages für zu wartende Anlagen behält sich der AG vor." Im Leistungsverzeichnis ist bei Position 10.001 (Los 1 Kücheneinrichtung) ein Wartungsvertrag über den Zeitraum von vier Jahren anzubieten. Hierzu ist vermerkt: "Die anfallenden Kosten sind entsprechend für die Dauer von jeweils 1 Jahr einzukalkulieren. Ein Anspruch auf die Beauftragung dieser Position besteht nicht." Die Verdingungsunterlagen sind vom Planungsbüro T. gefertigt worden.

Die Antragstellerin gab ein Hauptangebot für alle drei Lose und sieben Nebenangebote, die Beigeladene ein Angebot für alle drei Lose ab. Nach rechnerischer Prüfung lag bei Los 1 das Angebot der Beigeladenen an erster Stelle mit 1.206.292,12 €, das Angebot der Antragstellerin an zweiter Stelle mit 1.228.608,74 €, jeweils brutto. Die Position 10.001 hatte die Antragstellerin mit 57.793 €, die Beigeladene mit 35.164 € angeboten. Vier Nebenangebote der Antragstellerin wurden vom Planungsbüro T. nicht in die Wertung einbezogen, weil sie Einschränkungen gegenüber dem Leistungsverzeichnis enthielten.

Mit Schreiben vom 4.5.2005 teilte das Klinikum N. der Beigeladenen mit, es sei beabsichtigt, auf ihr Angebot betreffend Los 1 Kücheneinrichtung den Zuschlag zu erteilen. Der Antragstellerin wurde am gleichen Tage mitgeteilt, auf ihr Angebot könne der Zuschlag nicht erteilt werden, weil ein günstigeres Hauptangebot vorliege. Beide Schreiben waren von einem Ingenieur des Planungsbüros T. neben dem Stempel des Planungsbüros unterschrieben. Mit Fax vom 5.5.2005 rügte die Antragstellerin, das Informationsschreiben sei nicht von der Vergabestelle Klinikum N. unterschrieben worden. Es fehle damit an einer Auftraggeberentscheidung des Klinikums N. Zudem sei das Angebot der Beigeladenen nicht das wirtschaftlich günstigste. Dies könne nur dann der Fall sein, wenn das Angebot zum Abschluss eines Wartungsvertrages gemäß Position 10.001 des Leistungsverzeichnisses in die Wertung einbezogen worden sei. Dies sei aber nicht zulässig, da das Leistungsverzeichnis selbst den Satz enthalte, dass ein Anspruch auf Beauftragung dieser Position nicht bestehe. Dem stehe auch nicht entgegen, dass Bedarfspositionen gemäß Ziffer 7 der Angebotsaufforderung grundsätzlich gewertet werden. Bei der Abfrage eines Wartungsvertrages handele es sich nicht um eine Bedarfsposition; auch sei unklar, auf welche Zeiträume sich eine Beauftragung beziehen solle, so dass die Wertungskriterien unklar seien. Die nicht gewerteten Nebenangebote der Antragstellerin seien gleichwertig und deshalb in die Wertung einzubeziehen.

In einem internen Schreiben des Planungsbüros T. an das Projektsteuerungsbüro H. vom 9.5.2005 führt dieses aus, das Planungsbüro sei "von der Vergabestelle für die Wertung und die anschließende Versendung der Absageschreiben beauftragt" worden, so dass "die darauf enthaltene Unterschrift im Sinne der Vergabestelle und damit rechtsgültig sei". Die Wertung der Leistungsverzeichnisse und auch der Vergabevorschlag seien vom Planungsbüro erstellt und im Anschluss mit der Vergabestelle durchgesprochen und von ihr gebilligt worden; eine Auftraggeberentscheidung seitens des Klinikums liege daher vor. Das Angebot der Beigeladenen sei das wirtschaftlich günstigste gewesen; die Position 10.001 sei als Bestandteil des Leistungsverzeichnisses in die Wertung mit aufgenommen worden. Da die Angebote der Beigeladenen und der Antragstellerin in den Punkten Qualität und Folgekosten gleichwertig seien, habe man die Wirtschaftlichkeit als entscheidendes Kriterium herangezogen. Dieses interne Schreiben wurde der Antragstellerin mit Schreiben des Projektsteuerungsbüros H. in Kopie übermittelt.

Mit dem am 17.5.2005 gegen den Antragsgegner gestellten Nachprüfungsantrag wiederholte die Antragstellerin ihre Rügen und erweiterte sie nach Akteneinsicht. Ein vollständiger Vergabevermerk liege nicht vor, da nicht ersichtlich sei, welches Beschlussorgan des Antragsgegners die Entscheidung über die geplante Zuschlagserteilung an die Beigeladene getroffen habe. Das Planungsbüro T. teilte der Vergabekammer mit, die Position 10.001 sei bei allen Bietern als Hauptposition ausgeschrieben und gewertet worden. Das Projektsteuerungsbüro H. teilte mit, es habe im Auftrag und im Namen des Klinikums N. das Planungsbüro T. dazu ermächtigt, die Vorinformationsschreiben für deren Gewerke als Erfüllungsgehilfe des Bauherrn zu erstellen und zu versenden.

Die Beigeladene steht auf dem Standpunkt, die Position Wartungsvertrag für vier Jahre sei zu berücksichtigen, da die Wartungskosten erheblichen Einfluss auf die Folgekosten und damit die Rentabilität hätten.

Die Vergabekammer hat den Nachprüfungsantrag am 17.6.2005 zurückgewiesen.
Gegen diesen Beschluss wendet sich die Antragstellerin mit ihrer sofortigen Beschwerde, mit der sie einen Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung verbindet.

II.

1. Der Antrag, die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde gemäß § 118 Abs. 1 Satz 3 GWB zu verlängern, ist zulässig und begründet. Nach der im Verfahren nach § 118 GWB gebotenen summarischen Prüfung hat das Rechtsmittel Aussicht auf Erfolg, § 118 Abs. 2 Satz 1 GWB. Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin ist zulässig. Der Antragstellerin kann auch ein Schaden drohen, da sie bei einer Herausnahme der Position "Wartungsvertrag" aus der Wertung mit ihrem Angebot das preisgünstigste Angebot stellt. Der Nachprüfungsantrag ist auch begründet, da die Wertung der Angebote nicht ordnungsgemäß erfolgt ist.

2. Der Antragsgegner hat die Wertungsentscheidung nicht selbst getroffen, sondern sie vollständig dem Planungsbüro T. überlassen. Eine ordnungsgemäße Wertung hat deshalb bisher nicht stattgefunden.

a) Grundsätzlich kann und darf ein öffentlicher Auftraggeber sich bei der Vorbereitung der Vergabe eines Sachverständigen bedienen, § 7 Nr. 1 a und b VOB/A. Dieser kann die Vergabe, insbesondere die Verdingungsunterlagen, vorbereiten (§ 7 Nr. 1 a VOB/A) oder die geforderten Preise beurteilen (§ 7 Nr. 1 b VOB/A). Die Einschaltung von Planungs- oder Projektsteuerungsbüros ist in der Praxis zur Unterstützung der öffentlichen Auftraggeber auch üblich. Der Sachverständige darf aber nur zur Unterstützung des öffentlichen Auftraggebers eingesetzt werden; er kann also den dem Vergabeverfahren zugrunde liegenden Sachverhalt kaufmännisch, technisch oder juristisch aufbereiten. Entscheiden darf er aber nicht; die Kernkompetenz muss beim Auftraggeber verbleiben. Darum darf er zwar die Wertungsentscheidung vorbereiten, er darf sie aber nicht selbst treffen; dies ist alleinige Aufgabe des Auftraggebers (OLG Naumburg vom 26.2.2004 – IBR 2004, 218; VK Lüneburg vom 3.5.2005 – VgK-14/2005 und vom 18.11.2002 – 203-VgK-25/2002; VK Sachsen vom 9.5.2003 – 1/SVK/034-03, Franke/Mertens VOB-Kommentar 2. Aufl. § 7 VOB/A Rn. 4 und 7; Herrmann in Völlink/Kehrberg VOB/A § 7 Rn. 22; Schranner in Ingenstau/ Korbion 15. Aufl. § 7 VOB/A Rn. 27). Eine Wertung, die nicht der Auftraggeber selbst durchgeführt hat, verstößt gegen das Transparenzgebot sowie gegen den Wettbewerbsgrundsatz und ist deshalb rechtswidrig. Eine Vergabe hat erst dann zu erfolgen, wenn die Wertung korrekt durch den Auftraggeber erfolgt ist.

b) Der Antragsgegner hat sich an der Wertung nach Aktenlage offensichtlich überhaupt nicht beteiligt. Dies ergibt sich im Grunde genommen schon aus den verschiedenen Schreiben des Planungs- und des Projektssteuerungsbüros. Wenn auch in diesen Schreiben beteuert wird, die Wertung sei mit dem Klinikum besprochen worden, das Klinikum habe die Wertung gebilligt und es liege ein Handeln als Erfüllungsgehilfe vor, liegt hierin – unterstellt dieser Sachvortrag trifft zu – keineswegs eine Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers. Denn Auftraggeber ist nach der Vergabebekanntmachung nicht das Klinikum, sondern der Landkreis N., vertreten durch den Landrat. Dieser ist zu keinem Zeitpunkt in das Verfahren involviert worden. Im übrigen hat der Senat aber auch erhebliche Zweifel, ob das Klinikum in irgendeiner Weise an der Wertung beteiligt war. In den gesamten Unterlagen findet sich nichts, was nur annähernd als eine Beteiligung angesehen werden könnte, weder ein Schreiben noch eine Gesprächsnotiz noch ein vom Antragsgegner unterzeichneter Randvermerk "einverstanden". Bezeichnenderweise ist sogar der Vergabevermerk durch das Projektsteuerungsbüro H. erstellt worden; im Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer gegen den Antragsgegner haben sich lediglich Planungs- und Projektsteuerungsbüro zur Sache geäußert, nicht etwa der Antragsgegner. Der Vergabevermerk ist im übrigen nicht unterschrieben und damit nicht ordnungsgemäß erstellt.

3. Die Wertung ist durch den Antragsgegner nachzuholen und ordnungsgemäß zu dokumentieren. Der Senat weist vorsorglich darauf hin, dass nach jetzigem Kenntnisstand der Vergabevorschlag des Planungsbüros einer ordnungsgemäßen Wertung entsprechen dürfte.

a) Die Wertung der Bedarfsposition "Wartungsvertrag" hat die Antragstellerin nicht fristgerecht gerügt, § 107 Abs. 3 GWB. Bedarfspositionen enthalten Leistungen, die nur bei Bedarf oder bei entsprechender Entscheidung des Auftraggebers ausgeführt werden sollen und deren Ausführung bei Vertragsschluss noch nicht feststeht (vgl. Franke/Grünhagen § 9 VOB/A Rn. 10). Ob sie in die Wertung einfließen dürfen, ist umstritten, kann hier aber dahinstehen. Denn bereits aus Ziffer 7 der Angebotsaufforderung war für die Antragstellerin ersichtlich, dass Bedarfspositionen grundsätzlich gewertet werden. Dass der Wartungsvertrag nach der Konzeption des Leistungsverzeichnisses eine Bedarfsposition darstellen sollte, war aus der Bemerkung im Leistungsverzeichnis ersichtlich, der Auftraggeber behalte sich den Abschluss eines solchen Vertrages vor. Dies ergibt sich weiter aus Ziffer 10.1.1. der Besonderen Vertragsbedingungen. Danach behält sich der Auftraggeber die Entscheidung über den Abschluss eines Wartungsvertrages ausdrücklich vor. Spätestens bis zur Angebotsabgabe hätte die Antragstellerin deshalb die beabsichtigte Wertung rügen müssen. Das gleiche gilt für den in der Beschwerdebegründung vorgebrachten Einwand, die Ausschreibung der Wartungskosten als Eventualposition widerspreche § 9 Nr. 1 VOB/A.

b) Die Wertung der Nebenangebote der Antragstellerin scheitert schon daran, dass der Antragsgegner es versäumt hat, Mindestanforderungen für die Nebenangebote zu formulieren. Bei Bauaufträgen können Nebenangebote nur gewertet werden, wenn sie die Mindestanforderungen erfüllen, welche der Auftraggeber für Nebenangebote aufgestellt hat, Art. 19 Abs. 2 BKR (EuGH vom 16.10.2003 = VergabeR 2004, 50; BayObLG vom 22.6.2004 = VergabeR 2004, 654; OLG München vom 5.7.2005 – Verg 9/05). Ein ganz allgemein gehaltener Hinweis auf nationale Rechtsvorschriften, die eine gegenüber der ausgeschriebenen Leistung qualitativ gleichwertige Leistung fordern, genügt nicht (EuGH aaO; OLG Düsseldorf vom 7.1.2005 – Verg 106/04; OLG Rostock vom 24.11.2004 = IBR 2005, 107). Ein Rückgriff auf die allgemeinen Anforderungen des Leistungsverzeichnisses ist ebenfalls nicht möglich. Erkennt ein Bieter anhand der Verdingungsunterlagen, dass keine Mindestanforderungen festgelegt worden sind, muss er dies vor Ablauf der Frist zur Angebotsabgabe rügen (OLG München vom 5.7.2005 – Verg 9/05; OLG Düsseldorf vom 7.1.2005 – Verg 106/04).

4. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Die Kosten des Verfahrens nach § 118 Abs. 1 Satz 3 GWB sind nach ständiger Rechtsprechung des Senats Kosten des Beschwerdeverfahrens, über die im Rahmen der Entscheidung über die Hauptsache zu befinden sein wird.

Angabe aller Zuschlagskriterien

 

1. Die EG-Vergaberichtlinien (hier: Art. 26 Abs. 2 LKR; Art 36 Abs. 2 DKR) und die nationalen Vergabevorschriften, die Verdingungsordnungen (hier: § 9a VOL/A) verpflichten den öffentlichen Auftraggeber, für den Fall, dass der Zuschlag auf das wirtschaftlich günstigste Angebot erfolgen soll, die Kriterien nach denen er das Angebot bemessen will, in den Verdingungsunterlagen oder in der Bekanntmachung anzugeben.

2. Die Auftraggeber müssen in den Verdingungsunterlagen oder in der Vergabebekanntmachung alle Zuschlagskriterien angeben, deren Verwendung sie vorsehen, möglichst in der Reihenfolge der ihnen zuerkannten Bedeutung (§ 9a VOL/A).

3. Eine Entscheidung nach § 25 Abs. 3 VOL/A kann nur auf Kriterien gestützt werden, die in der Bekanntmachung oder bei der Aufforderung zur Abgabe von Angeboten bekannt gemacht worden sind, denn ansonsten wären Bieter in einer mit dem Zweck der Regelung unvereinbaren Weise der Willkür der Vergabestelle ausgeliefert.

 

VK Südbayern
Beschluss vom 16.04.2003
Az.: 12-03/03

Öffentlicher Auftraggeber im Sinne des Vergaberechts

 
1. Öffentlicher Auftraggeber im Sinne des Vergaberechts kann auch eine juristische Person des Privatrechts sein, wenn sie neben von ihr verfolgten gewerblichen Zwecken im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewerblicher Art zu erfüllen hat; für das aus § 57 a Abs. 1 Nr. 2 Haus-haltsgrundsätzegesetz (= § 98 Nr. 2 GWB) ersichtliche Beherrschungskriterium reicht es aus, dass die letztlich hinter dem privatrechtlich organisierten Unternehmen stehende Gebietskörperschaft ihre Einflussmöglichkeiten auf dessen Vergabeentscheidungen mittelbar über Dritte ausüben kann.

2. Ein Unternehmen, das in einem ausdrücklich so bezeichneten "beschränkten Vergabeverfahren" der Sache nach ausschreibungspflichtige Dienstleistungen zum Gegenstand einer europaweiten Ausschreibung macht, unterwirft die potentiellen Bieter und sich selbst auch dann den Regeln der VOL/A, wenn die Kriterien eines "öffentlichen" Auf-traggebers auf es nicht zutreffen; es kann sich der Geltung dieses mit seiner eigenen Ausschreibung geschaffenen Rechtsrahmens nicht später dadurch einseitig entziehen, dass es in den Verdingungsunterlagen verlautbart, die Bieter hätten keinen Anspruch auf Einhaltung der Bestimmungen der VOL/A durch den Auftraggeber.

3. Die Wirksamkeit eines Angebots setzt grundsätzlich nicht voraus, dass die rechtsgeschäftliche Befugnis des das Angebot Unterzeichnenden hierzu der Vergabestelle mit dem Angebot selbst nachgewiesen wird.

4. Dem preisgünstigsten Bieter darf im Rahmen der Wertung nach § 25 Nr. 3 S. 1 VOL/A der Auftrag nur dann vorenthalten werden, wenn teurere Angebote bei anderen zulässigen Wertungskriterien einen ihren Preisnachteil kompensierenden konkreten Vorteil aufweisen; eine unter Verstoß hiergegen erfolgte Auftragsvergabe löst Ansprüche des Bestbieters auf Ersatz seines positiven Interesses auch dann aus, wenn der tatsächlich erteilte Auftrag im Detail von der vorangegangenen Ausschreibung abweicht, solange diese Änderungen nur die wirtschaftliche und technische Identitat des Beschafffungsvorhabens nicht berühren.

 
OLG Dresden
Urteil vom 09.03.2004
Az.: 20 U 1544/03