Ausschreibung bestimmter Produkte nur ausnahmsweise zulässig

VK Hessen, Beschluss vom 11.12.2006 – 69d-VK-60/2006

1. Eine Ausschreibung bestimmter Produkte ist nur ausnahmsweise zulässig.

2. Eine Ausschreibung eines bestimmten Produkts als Substitut für allgemeine Beschreibungen darf nicht ohne den Zusatz „oder gleichwertiger Art“ erfolgen.

3. Die Begründung für die Ausschreibung eines bestimmten Produktes muss in der Vergabeakte dokumentiert werden.

 

Volltext: 

 

2. VERGABEKAMMER des Landes Hessen

bei dem Regierungspräsidium Darmstadt

Beschluss

69 d VK – 60/2006

11.12.2006

 

VOB/A § 9 Nr. 5, § 30
1. Eine Ausschreibung bestimmter Produkte ist nur ausnahmsweise zulässig.
2. Eine Ausschreibung eines bestimmten Produkts als Substitut für allgemeine Beschreibungen darf nicht ohne den Zusatz „oder gleichwertiger Art“ erfolgen.
3. Die Begründung für die Ausschreibung eines bestimmten Produktes muss in der Vergabeakte dokumentiert werden.
VK Hessen, Beschluss vom 11.12.2006 – 69d-VK-60/2006

In dem Nachprüfungsverfahren

Wegen Vergabe von Bauleistungen nach VOB/A, Erweiterung der #####

hat die 2. Vergabekammer des Landes Hessen bei dem Regierungspräsidium in Darmstadt nach mündlicher Verhandlung am 28.11.2006 durch die Vorsitzende ##### den hauptamtlichen Beisitzer ##### sowie den ehrenamtlichen Beisitzer ##### am 11.12.2006 beschlossen:

I. Der Antragsgegner wird verpflichtet, die am 12.07.2006 im Supplement des Amtsblattes der Europäischen Gemeinschaften (2006-138940-DE) veröffentlichte Ausschreibung über den Einbau von Holzinnentüren im Neubau des Verwaltungsgebäudes aufzuheben und die Bauleistungen unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer neu auszuschreiben.

II. Im Übrigen wird das Nachprüfungsverfahren eingestellt.

III. Für das Verfahren vor der Vergabekammer wird eine Gebühr von ##### € festgesetzt, hiervon tragen die Antragstellerin und der Antragsgegner jeweils ##### €.

IV. Von den der Antragstellerin und dem Antragsgegner außerhalb des Verfahrens entstandenen Kosten trägt die Antragstellerin 1/3, der Antragsgegner trägt 2/3; im Übrigen tragen die Beteiligten ihre Kosten selbst.

V. Die Hinzuziehung von Verfahrensbevollmächtigten durch die Antragstellerin war notwendig.

Sachverhalt

Der Antragsgegner veröffentlichte am 14.07.2006 die Ausschreibungen für 12 Gewerke für den Neubau eines Verwaltungsgebäudes beim Kreishaus in Darmstadt, darunter u.a. die Fassadenarbeiten, Metall- und Holztüren.

Das Leistungsverzeichnis für die Ausschreibung der Holzinnentüren enthielt für mehrere Positionen die Angabe bestimmter Fabrikate und Typbezeichnungen, so u.a. für

– Türdrückergarnituren: (Positionen 02.01.0010, 02.02.0007, 02.02.0008, 02.03.0005; insgesamt 312 St.) Fabrikat "FSB Typ 1005, Objektbeschlag 7205 13 bzw. 7205.15 und 7605 13";

– Türpuffer: (Positionen 02.01.0011 bis 2.01.0013, 02.02.0013; insgesamt 195 St.) "Erzeugnis KWS Türpuffer 2008.82 bzw. 2573.82 und 2001.82 und 2008.82";

– Drückergarnitur, halb: (Position 02.02.0009; 15 St.): "Fabrikat F513 Typ 1005, Objektbeschlag 7205.13";

– Griffstange: (Position 02.02.0010; 6 St.): "Fabrikat FSB 667a38";

– Obentürschließer: (Positionen 02.02.0011 und 02.03.0006; insgesamt 44 St.). "Fabrikat DORMA TS 91 RF bzw. DORMA TS 93 N";

– Drehflügelantrieb (Position 02.02.0012) "Fabrikat DORMA CD 80".

In der Aufforderung zur Abgabe von Angeboten war unter Zif. 5. 2 die Abgabe von Nebenangeboten nicht zugelassen. Als Zuschlagskriterien waren in Zif. 5.3 das wirtschaftlich günstigste Angebot in Bezug auf den Preis, die Qualität (Referenz), die technische Leistungsfähigkeit sowie die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit genannt, wobei die Kriterien in der Reihenfolge ihrer Bedeutung benannt seien.

Auf Anforderung der Antragstellerin vom 25.07.2006 wurden ihr Anfang August die Ausschreibungsunterlagen übersandt. Mit Schreiben an das mit der Planung beauftragte Architekturbüro vom 08.08.2006 rügte die Antragstellerin die Vorgabe bestimmter Produkte im Leistungsverzeichnis ohne den Zusatz "oder gleichwertiger Art" hinsichtlich der Drückergarnituren, der Türpuffer und der Obentürschließer. Es würden keine gleichwertigen Produkte zugelassen, obwohl diese Produkte mit geringfügigen Abweichungen in der Technik und in den Maßen gleichwertig oder besser durch andere Hersteller lieferbar seien.

Das Planungsbüro antwortete hierauf mit Schreiben vom 10.08.2006, die Ausschreibung sei " VOB konform". Die gemachten Vorgaben dienten der " Vermeidung von Schnittstellenproblematiken zu anderen Gewerken (Elt., Fassaden, Metalltüren) und dem Bestand sowie der Vereinfachung von Wartungsverträgen. Bei dem Projekt handelt es sich um eine Erweiterung (technisch und funktional) der bestehenden Kreisverwaltung)".

Weitere, per Telefax an das Planungsbüro gerichtete Nachfragen der Antragstellerin vom 10.08.2006 und vom 11.08.2006 bezogen sich auf die gewünschte -Unterkonstruktion der Türzargen und die ausgeschriebene Farbwahl und wurden jeweils mit Schreiben des Planungsbüros vom selben Tag beantwortet. in den Akten befinden sich keine Hinweise darauf, dass diese Antworten und Erläuterungen auch anderen Bietern zugänglich gemacht wurden.

Die Antragstellerin übersandte am 16.08.2006 ein Angebot zu einem Gesamtnettopreis von ##### €. In dem Anschreiben wies sie ausdrücklich auf die zuvor erhobenen Rügen hin. Daneben gab sie drei Nebenangebote mit Änderungen bezüglich der Türdrücker, der Türpuffer und der Griffstangen ab.

Neben der Antragstellerin beteiligten sich noch die Beigeladene und sechs weitere Bieter mit Angeboten an der Ausschreibung. Die Submission fand am 22.08.2006 statt.

Mit Schreiben vom 18.10.2006 teilte das vom Antragsgegner beauftragte Architekturbüro der Antragstellerin mit, ihr Angebot habe aus wirtschaftlichen Gründen nicht berücksichtigt werden können. Die Antragstellerin antwortete hierauf mit Schreiben vom 19.10.2006, auf telefonische Nachfrage habe sie erfahren, dass die Beigeladene den Zuschlag erhalten solle, und legte unter Bezugnahme auf die erhobenen Rügen "Einspruch" ein. Sie setzte dem Antragsgegner eine Frist für eine entsprechende Stellungnahme bis zum 23.10.2006.

Nachdem seitens des Antragsgegners keine Reaktion erfolgte, stellte die Antragstellerin mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 31.10.2006 bei der Vergabekammer den vorliegenden Nachprüfungsantrag.

Zur Begründung vertieft sie im Wesentlichen das Vorbringen der Rügeschreiben und führt weiter aus, die Vorgabe bestimmter Fabrikate durch den Antragsgegner verstoße gegen § 9 Nr. 5 VOB/A. Der Antragsgegner habe gegen das Gebot der produktneutralen Ausschreibung noch zusätzlich dadurch verstoßen, dass er bestimmte Bezeichnungen (Leitfabrikate) ohne den zwingenden Zusatz "oder gleichwertiger Art" verwendet habe. Die von der Antragstellerin in ihren Nebenangeboten angebotenen Fabrikate seien gleichwertig zu den von dem Antragsgegner vorgegebenen. Schließlich stelle es einen Wettbewerbsnachteil gegenüber der Antragstellerin dar, dass nur sie detaillierte Angaben über die Unterkonstruktion der Zargen erhalten habe. Das Gleiche gelte für die Vorgabe, die teureren Metallic- Töne zu verwenden. Vermutlich habe nur die Antragstellerin hinsichtlich der werkseitigen Pulverbeschichtung mit den teureren Farbtönen kalkuliert, wodurch wiederum ein Wettbewerbsnachteil entstanden sei.

Nach Übermittlung von Teilen der Vergabeakte durch die Vergabekammer ergänzte die Antragstellerin ihren Vortrag dahin, der Antragsgegner habe die Gründe für eine produktbezogene Ausschreibung nicht im Rahmen eines Vergabevermerks dokumentiert. Gestalterische Gründe seien offensichtlich vorgeschoben. Das Angebot der Beigeladenen sei wegen Unvollständigkeit der Angebotsunterlagen auszuschließen. Schließlich habe der Antragsgegner offensichtlich auch nur den Preis als Wertungskriterium herangezogen, obwohl nach der Ausschreibung vier Kriterien wertungsrelevant sein sollten.

Die Antragstellerin beantragte schriftsätzlich u.a.:

1. Es wird festgestellt, dass die Antragstellerin in ihren Rechten aus § 97 Abs. 7 GWB verletzt ist;

2. Dem Antragsgegner wird untersagt, den Zuschlag an die Beigeladene zu erteilen;

3. Der Antragsgegner wird angewiesen, den Zuschlag an die Antragstellerin zu erteilen;

4. Hilfsweise: Das Ausschreibungsverfahren wird aufgehoben und die verfahrensgegenständlichen Bauleistungen werden neu ausgeschrieben.

Der Antragsgegner beantragt, die Anträge zurückzuweisen. Er nahm mit Schreiben vom 09.11.2006 zu dem Antrag Stellung und führte aus, die Fabrikatvorgaben seien zwingend erforderlich, da bei dem Neubau des Verwaltungsgebäudes Türbeschläge bei Holztüren, Stahltüren und in der Fassade (Fenster und Fenstertüren) vorkämen. Sowohl aus gestalterischen Gründen als auch aus Gründen der Vereinfachung von späteren Wartungen, Reparaturen, der Vorhaltung von Verschlussteilen usw. sei eine Produktlinie zwingend notwendig. In einem Flur bzw. einem Raum würden Holztüren, Brandschutztüren aus Stahl und mit Griffen und Beschlägen ausgestattete Elemente der Fassade aufeinander treffen. Es sei daher der Wunsch des Bauherrn bzw. die gestalterische Freiheit des in seinem Auftrag planenden Architekten, ein einheitliches Design einzubauen. Es liege daher ein zwingender Grund vor, in den drei genannten Ausschreibungen Fabrikatvorgaben zur Grundlage einer Wertung der Angebote zu machen.

Die ausgeschriebene Zarge sei eindeutig beschrieben worden. Auf Nachfrage der Antragstellerin sei ihr beispielhaft ein Zargendetail eines Herstellers zugesandt worden, dieses gebe es exakt auch bei anderen Herstellern. Hinsichtlich der Farbtöne seien solche nach NCS (Natural Collour System) und RAL einschließlich der Metallic- Töne RAL 9006 und 9007 ausgeschrieben worden, die Bestandteil der RAL-Karte seien.

Am 28.11.2006 fand die mündliche Verhandlung vor der Vergabekammer mit ausführlicher Erörterung der Sach- und Rechtslage statt. Auf Bitte der Kammer hatten die Antragstellerin und der Antragsgegner Muster der ausgeschriebenen bzw. im Nebenangebot angebotenen Türdrücker mitgebracht; diese waren Gegenstand der Erörterung.

Die Antragstellerin nahm die Anträge Zif. 1 bis 3 des Nachprüfungsantrages zurück und beantragte, den Antragsgegner zur Aufhebung und Neuausschreibung der streitgegenständlichen Bauleistungen zu verpflichten. Die Beigeladene stellte keinen Antrag.

Wegen der weiteren Einzelheiten das Sach- und Streitstandes wird auf die Verfahrensakte der Kammer sowie auf die Vergabeakte verwiesen.

Gründe:

Der Antrag, den Antragsgegner zur Aufhebung der Ausschreibung der Holzinnentüren für die Erweiterung der ##### und zur erneuten Ausschreibung zu verpflichten, ist zulässig und begründet. Hinsichtlich der übrigen zunächst gestellten Anträge ist das Verfahren nach deren Rücknahme einzustellen und über die Kosten zu entscheiden.

A.

Der Nachprüfungsantrag ist zulässig. Die örtliche und sachliche Zuständigkeit der Vergabekammer sowie die formalen und inhaltlichen Voraussetzungen eines Nachprüfungsantrags (§§ 100 Abs. 1, 107, 108 GWB) sind gegeben. Die Antragstellerin ist auch antragsbefugt (§ 107 Abs. 2 GWB), denn sie hat ein Interesse am Auftrag, wie sie durch die Abgabe eines Angebots deutlich gemacht hat. Sie macht eine Verletzung von Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB geltend, indem sie vorträgt, die Ausschreibung verstoße gegen § 9 Nr. 5 VOB/A. Ihr Sachvortrag lässt damit eine Rechtsverletzung zu Lasten ihrer Zuschlagschancen und damit einen wirtschaftlichen Schaden zumindest als möglich erscheinen. Sie ist auch ihrer Pflicht zur unverzüglichen Rüge mit ihren Schreiben vom 08.08.2006, 10.08.2006 und 19.10.2006 nachgekommen.

B.

Der Nachprüfungsantrag ist auch begründet. Das streitgegenständliche Vergabeverfahren leidet an schwerwiegenden Vergaberechtsverstößen, die die Rechte der Antragstellerin verletzen, und ist daher aufzuheben.

I. Der Antragsgegner hat mit der Ausschreibung "Holzinnentüren" gegen § 9 Nr. 5 VOB/A verstoßen.

1. Nach Abs. 1 der Vorschrift dürfen bestimmte Erzeugnisse, wie hier, für Türdrücker, Türpuffer etc., nur dann ausdrücklich vorgeschrieben werden, wenn dies durch die Art der geforderten Leistung gerechtfertigt ist. Ausschlaggebendes Merkmal hierfür sind die jeweils maßgeblichen technischen und gestalterischen Anforderungen, z. B. sind bei Sanierungen, Um- und Erweiterungsbauten bestimmte gestalterische Anforderungen hinsichtlich eines einheitlichen Erscheinungsbildes oder dergl. denkbar (vgl. Ingenstau/Korbion, Kommentar zur VOB, § 9 VOB/A Rdnr. 81 ff.; VK Hessen, Beschl. vom 05.10.2005; 69d VK 69/2005).

a) Derartige gestalterische Gesichtspunkte sind im vorliegenden Fall jedoch nicht gegeben. Zwar hatte das mit der Planung des Neubaus beauftragte Architekturbüro der Antragstellerin auf ihre Rüge mit Schreiben vom 10.08.2006 mitgeteilt, bei dem Projekt handele es sich um eine Erweiterung (technisch und funktional) der bestehenden Kreisverwaltung. Da der Neubau jedoch, wie den Plänen zu entnehmen ist, einen eigenständigen und vom Bestandsgebäude deutlich entfernt liegenden Baukörper bilden wird, sprechen diese Gesichtspunkte nicht für besondere gestalterische Anforderungen an Türdrückergarnituren und andere Teile.

b) Auch die einheitliche Gestaltung der Beschläge an Holztüren, Feuerschutztüren und Fenstern und Türfenstern der Metallfassade machen die Vorgabe eines bestimmten Fabrikats vorliegend nicht erforderlich. Zwar steht dem Auftraggeber hier ein Beurteilungsspielraum zu, in den die Vergabekammer nicht ohne weiteres eingreifen darf. Vorliegend hat der Antragsgegner eine solche Beurteilung in Hinblick auf die Gestaltung aber offensichtlich nicht vorgenommen. Zudem haben der Antragsgegner und das von ihm beauftragte Architekturbüro in der mündlichen Verhandlung übereinstimmend erklärt, die von der Antragstellerin angebotenen und die ausgeschriebenen Beschläge seien gestalterisch durchaus kompatibel. Der optische Gesamteindruck werde auch bei gleichzeitiger Verwendung der ausgeschriebenen und der von der Antragstellerin angebotenen Produktlinien nicht gestört.

c) Auch andere technische oder wirtschaftliche Gründe für die Ausschreibung nur eines bestimmten Produktes sind vorliegend nicht gegeben. Die ebenfalls in dem Schreiben vom 10.08.2006 genannten Ziele der "Vereinfachung von Wartungsverträgen" betreffen zwar durchaus berechtigte Interessen des Auftraggebers. Auch diese Kriterien reichen jedoch nicht als Rechtfertigung für die ausnahmsweise Zulassung eines bestimmten Erzeugnisses aus: Die Vergabestelle hat diesbezüglich die Möglichkeit, die eingehenden Angebote (bei Aufnahme entsprechender Wertungskriterien in den Ausschreibungsbedingungen) auch nach der Wartungsfreundlichkeit, der Erforderlichkeit von Schulungen der Hausmeister etc. zu bewerten. Entsprechende Zuschlagskriterien sind beispielsweise Folgekosten, Bedienungsfreundlichkeit, etc..

2. 9 Nr. 5 Abs. 2 VOB/A sieht darüber hinaus vor, dass Bezeichnungen für bestimmte Erzeugnisse oder Verfahren ausnahmsweise, jedoch nur mit dem Zusatz "oder gleichwertiger Art" verwendet werden dürfen, wenn eine Beschreibung durch hinreichend genaue, allgemein verständliche Bezeichnungen nicht möglich ist. Sinn dieser Vorschrift ist es, den Wettbewerb sicherzustellen. Es soll vermieden werden, dass die Vergabestelle von sich aus Erzeugnisse oder Verfahren bestimmter Hersteller bevorzugt. Vielmehr ist es Sache der Bieter, aufgrund ihrer Sach- und Fachkunde die für die Ausführung der Leistung notwendigen Erzeugnisse oder Verfahren auszuwählen. Eine Ausschreibung für bestimmte Produkte hat, wie sich aus dem Wortlaut "dürfen nur dann" ergibt, die Ausnahme zu sein. Es kann vorliegend offen bleiben, ob die ausgeschriebenen Leistungen hinreichend genau beschreibbar sind oder waren. Denn jedenfalls durfte der Antragsgegner ein bestimmtes Fabrikat als Substitut für allgemeine Beschreibungen der Beschläge etc. nicht ohne den Zusatz "oder gleichwertiger Art" verwenden. Die Bieter hatten also entgegen der Vorschrift des § 9 Nr. 5 Abs. 2 VOB/A nicht die Möglichkeit, Produkte anzubieten, die hinsichtlich Material, Aussehen, Ausmaßen etc. den ausgeschriebenen Produkten gleichwertig sind. Hierdurch wurden sie in ihren Rechten auf Durchführung eines transparenten und wettbewerbsorientierten Verfahrens und auf Gleichbehandlung der Bieter gemäß § 97 Abs. 1 und 2 GWB verletzt.

II. Daneben genügen die in der Vergabeakte enthaltenen Aufzeichnungen des Planungsbüros, der Schriftverkehr zwischen den Parteien und die Beschlussvorlage mit Begründung an den Kreisausschuss nicht den Anforderungen an einen Vergabevermerk. Nach § 30 Nr. 1 VOB/A muss dieser Vermerk die einzelnen Stufen des Verfahrens, die maßgebenden Feststellungen sowie die Begründung der einzelnen Entscheidungen enthalten. Nach der hierzu entwickelten Rechtsprechung (vgl. z.B. OLG Jena – Vergabesenat – Beschluss vom 26.06.2006 -"Anna- Amalia- Bibliothek"; 9 Verg 2/06; Vergabekammer Niedersachsen, Beschluss vom 22.03.2006; VgK-05/2006) wird diesen Anforderungen nur ein hinsichtlich Planung, Vorbereitung, Entscheidungsphasen und Durchführung des Ausschreibungsverfahrens fortlaufend und chronologisch geführter Vergabevermerk gerecht. Hierzu gehören insbesondere auch Unterlagen, die die Prüfungs- und Willensbildungsprozesse der zuständigen Organe der Vergabestelle dokumentieren.

Im Falle der hier streitigen Ausschreibung muss eine solche Dokumentation insbesondere die zur Ausschöpfung des in § 9 Nr. 5 VOB/A erforderlichen Entscheidungen, also auch Begründungen für die beanstandete produktbezogene Ausschreibung, die Auswahl der einzelnen Produkte, die Nichtzulassung von Nebenangeboten und das angestrebte Zusammenwirken mit den anderen ausgeschriebenen Gewerken enthalten. Darüber hinaus ist auch die Wertung der einzelnen Angebote anhand der in der Bekanntmachung genannten Wertungskriterien unerlässlicher Bestandteil eines Vergabevermerks.

Im vorliegenden Fall besteht der "Vergabevermerk" jedoch lediglich aus der Verdingungsverhandlung, dem Preisspiegel, dem Vergabevorschlag des Architekturbüros und der Beschlussvorlage an den Kreisausschuss. Abgesehen von der für die Produktauswahl fehlenden Begründung ist auch in keiner Weise dokumentiert, ob und in welcher Weise und gegebenenfalls mit welchem Ergebnis die übrigen bekannt gemachten Zuschlagskriterien (Qualität/Referenz, technische Leistungsfähigkeit, wirtschaftliche Leistungsfähigkeit) bei der Angebotswertung berücksichtigt wurden. Sowohl die dargestellte mangelhafte Dokumentation als auch die möglicherweise entgegen den genannten Kriterien erfolgte Wertung der Angebote bedeutet einen weiteren schwerwiegenden Verstoß gegen die auch die anderen Bieter schützenden Gebote der Transparenz (§ 97 Abs. 1 GWB) und Gleichbehandlung (§ 97 Abs. 2 GWB) im Vergaberecht (VK Saarland, Beschl. vom 23.01.2006; 1 VK 06/2005).

III. Als Maßnahme zur Behebung der dargestellten Mängel – unzulässige fabrikatsbezogene Ausschreibung und fehlerhafte Dokumentation des Verfahrens – kommt im Nachprüfungsverfahren gem. § 114 Abs. 1 GWB lediglich die Verpflichtung der Vergabestelle zur Aufhebung der Ausschreibung in Betracht (vgl. VK Sachsen; Beschluss vom 07.02.2003; 1/SVK/007-03; VK Berlin, Beschluss vom 15.02.2006; B 1 – 63/05).

Die Vergabestelle ist gehalten, bei der erforderlich Neuausschreibung der Holzinnentüren die Verpflichtung zur produktneutralen Leistungsbeschreibung nach § 9 Nr. 5 VOB/ A und zur Dokumentation des Vergabeverfahrens und der Wertungsentscheidung zu beachten. Als zusätzliche Wertungskriterien können auch Gesichtspunkte der Gestaltung und, wie bereits erwähnt, der Wartung der einzelnen Bauteile als Zuschlagskriterien benannt werden. Dies muss jedoch im Einzelfall auch in der tatsächlichen und zu dokumentierenden Wertung den entsprechenden Niederschlag finden. In Hinblick auf die zurückgenommenen Anträge war das Verfahren einzustellen und lediglich über die Kosten zu entscheiden.

C.

Die Kostenentscheidung wird wie folgt begründet:

I. Gemäß § 128 Abs.1 GWB werden für Amtshandlungen der Vergabekammer Kosten (Gebühren und Auslagen) erhoben. Die Festsetzung der Gebühr bestimmt sich nach dem personellen und sachlichen Aufwand der Vergabekammer unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Bedeutung des Gegenstands des Nachprüfungsverfahrens, §128 Abs. 2 Satz 1 GWB. Im vorliegenden Verfahren ist hinsichtlich der Streitwertberechnung zu berücksichtigen, dass zunächst drei Hauptanträge und ein Hilfsantrag gestellt worden waren. Für jeden dieser Anträge ist entsprechend dem Angebot der Antragstellerin von einem Streitwert von ##### € auszugehen. Hinsichtlich der unter Zif. 1 (Feststellung der Rechtsverletzung) und Zif. 3 (Verpflichtung zur Zuschlagserteilung an die Antragstellerin) sind die Streitwerte gem. § 5 ZPO zusammenzurechnen. Dagegen löst der der unter Zif. 2 gestellte Antrag (Verbot der Zuschlagserteilung an die Beigeladene) keinen eigenen Streitwert aus, da dieses Verbot bereits Folge der Zustellung des Nachprüfungsantrages an den Antragsgegner ist (§ 115 Ab.1 GWB). Der Streitwert für die ursprünglichen Hauptanträge beträgt also insgesamt ##### €. Die zunächst hilfsweise beantragte Aufhebung der Ausschreibung ist entsprechend dem Angebotspreis ebenfalls mit ##### € zu bewerten, jedoch gemäß § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG nicht gesondert zu berechnen. Unter Berücksichtigung der von der Vergabekammer des Bundes erarbeiteten Gebührentabelle ist für den Streitwert von ##### eine Gebühr von ##### € anzusetzen.

II. Hinsichtlich des auf die auf die Rücknahme der Anträge entfallenden Gebührenanteils ist die Antragstellerin kostenpflichtig, weil sie durch Stellung des Nachprüfungsantrages das Verfahren in Gang gesetzt hat, § 128 Abs.1 S. 2 GWB in Verbindung mit § 13 Abs. 1 Nr. 1 VwKostG. Dieser Anteil beträgt 2/3 (##### €/ ##### €) der Gebühr, also #####. Wegen der Rücknahme des Antrages ist diese Gebühr gemäß § 128 Abs. 3 Satz 2 GWB auf die Hälfte, also auf ##### € zu ermäßigen. Dagegen findet eine Erstattung von notwendigen Aufwendungen anderer Verfahrensbeteiligter (die im vorliegenden Verfahren auch nicht beantragt wurde) nicht statt, weil das Verfahren in Bezug auf die Anträge Zif. 1 bis 3 nicht durch eine Entscheidung der Vergabekammer über den Nachprüfungsantrag sondern durch die Rücknahme des Nachprüfungsantrages und die Einstellung des Verfahrens geendet hat (BGH, Beschluss vom 25.10.2005 – X ZB 22/05). Den auf den Antrag auf Aufhebung der Ausschreibung in Höhe von 1/3 entfallenden Gebührenanteil in Höhe von ; ##### € hat der Antragsgegner als unterlegne Partei zu zahlen, § 128 Abs. 3 Satz 1 GWB.

III. Der Antragsgegner hat, entsprechend den genannten Anteilen zwischen den zurückgenommenen Anträgen und dem erfolgreichem Antrag, die außerhalb des Verfahrens entstandenen Kosten der Antragstellerin zu 1/3 zu tragen (§ 128 Abs. 4 GWB).

IV. Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten auf Seiten der Antragstellerin war angesichts der rechtlichen und tatsächlichen Schwierigkeiten des Falles notwendig, § 128 Abs. 4 Satz 2 GWB in Verbindung mit § 80 HVwVfG).